Gestern war ich bei einer der seltsamsten politischen Veranstaltungen in meinem Leben. Stephan Wermter hatte eingeladen um mit den Menschen aus Haslach, über ihre Anliegen zu sprechen. Ich kam etwas später, weil ich bei einem anderen Termin war und hatte die Gegendemo verpasst.

Im Raum waren etwa 35 Leute, die meisten davon mittleren Alters und eine Reihe jüngerer Männer mit Vollbärten, die so aussahen als hätten sie Migrationshintergrund.
Zunächst war das Ganze nicht besonders aufregend, ja eher langweilig. Ein mittelalter Herr erklärte es werde bald zu einem riesen Crash kommen (wohl Börse oder Euro), noch dieses Jahr! Er lese da viel im Internet darüber. Der Gleiche fragte dann etwas später, ob Stephan Wermter „als Selbstständiger“ mal das mit dem Bruttoinlandsprodukt erklären könnte, weil das BIP sei ja etwa 2,7 Billiarden EUR und der Bundeshaushalt nur 450 Mrd. EUR, wo sei denn das ganze Geld? Stephan Wermter bemühte sich.
Den ganzen Abend über kam so eine Stimmung auf, dass man als Deutscher gegenüber Flüchtlingen – denen ja eh alles in den Arsch geschoben würde – doch irgendwie benachteiligt sei. Besonders absurd war das, weil Stephan Wermter verschiedene Kategorien aufmachte: Die Flüchtlinge die vor 10 Jahren gekommen seien, die hätten keine Lobby, aber die die jetzt kommen, bekommen alles. Und er habe ja auch nix gegen richtige Flüchtlinge, aber man dürfe nicht die „Verbrecher der gesamten Welt nach Deutschland holen“. Und wenn ein Flüchtling 1200 Euro im Monat bekäme und neue Handys, dann sollte man das als Deutscher auch bekommen. Auf die Frage wer das behaupten würde, erklärte er man solle doch mal beim Vodafone Shop beim Stadttheater nachfragen.
Lustigerweise gab es eine Frau, die immer so klassenkämpferische Thesen vertrat, die auch auf einer Veranstaltung der Linken nicht fehl am Platze gewesen wären.
Stephan Wermter verlas dann noch Hassmails gegen ihn und konnte sich nicht erklären, warum ihm damals Menschen wegen des von ihm organisierten Trauermarschs wegen Maria, vorwarfen er würden den Tot der jungen Studentin politisch auschlachten.
Auch die Polizei Freiburg bekam von einem Teilnehmer ihr Fett weg: Er habe den Diebstahl einer Kreditkarte anzeigen wollen, aber auf dem Revier Nord sei nur ein fetter Mittfünfziger gewesen, der ihm gesagt hätte er solle wieder gehen „da mache’ mir nix“.
Und die @PolizeiFR würde nix tun wenn einem der Briefkasten aufgebrochen werde – nur fette Mittfünfziger ????? – die EU plane bis 2035 70 Mio Menschen hier einwandern zu lasse – der Amerikaner hält sich Völkerrechtswiedrig in Syrien auf
— Sebastian Müller ?????? (@sbamueller) January 31, 2018
Und Überhaupt könne man sich ja, das kam dann von Sandra W., in Freiburg seit über 10 Jahren (!) nicht mehr sicher fühlen und sich kaum noch auf die Straße trauen. Ihre Ängste würde einfach keiner ernst nehmen, außer Stephan Wermter.
Der Mann mit dem riesen Crash, erklärte dann noch, das bald 70 Mio. Mio Menschen, nach Europa kommen würden. Die wolle die EU hier einwandern lassen – das stünde in den „Barcelona Verträgen“ – und deswegen beginne die NATO die ganzen Kriege. Dem hat auch keiner wiedersprochen.
Schon vor 10 Jahren sei es zu gefährlich gewesen als Frau gegen 20:00 in die Stadt zu gehen – Drogenpark Eschholzpark – Freiburg Studentenstadt und Rentnerstadt – Freiburg sei als kriminell bekannt im Tourismus spüre man das bereits
— Sebastian Müller ?????? (@sbamueller) January 31, 2018
Bis dahin war es eigentlich eine eher lahme und wenig bemerkenswerte Veranstaltung. Dann kam die Freundin, des am gleichen Tag abgeschobenen Hassan Yahya, dass ist der der im November 2014 in Freiburg eine 39-jährige Frau vor dem Angriff eines Messerstechers bewahrt hatte. Und gab immer wenn so dumpf Ausländer- oder Flüchtlingsfeindliches Zeug geblubbert wurde – siehe oben – Wiederrede. Dann tauchte auch noch ein Zahnmedizinstudent aus Bosnien auf, der auch bald abgeschoben werden soll. Genau habe ich dessen Fall nicht verstanden. Interessant war, dass die Anwenden immer wenn es um den konkreten Fall ging, sagten wie schlimm sie die Abschiebung fänden, aber es gäbe ja noch so viele „falsche Flüchtlinge“.
Verschwörungstheorien, „Flüchtlingen wird alles in den Arsch geschoben“ und unifomriertes Geblubber, bis mich Sandra W. entdeckt!
Das war schon kurios. Dann wurde die Veranstaltung absurd, als Sandra W. mich entdeckte: „Sind sie nicht der Herr Müller?“, und auf mich zeigte. „Sie haben doch mit mir auf Facebook diskutiert“.
Woraufhin die Menschen nicht mehr mit Stephan Wermter diskutierten, der war irgendwie weniger interessant, sondern ihre Redebeiträge an mich adressierten: Eine Dame beschwerte sich, dass die Schule ihrer Tochter nicht saniert sei (Hansjakob Realschule). Ein Herr das man ihn als Nazi beschimpfe (weil er seine Meinung sage), jemand anderer über geplante Fahrverbote (wegen Diesel) und das man „von den Politikern die nur in ihre eigene Tasche wirtschaften, sowieso nur verarscht würde“.
Scheinbar schien man aber durchaus Sympathien für Baulöwen wie Unmüssig zu haben. Ich versuchte dann immer zu sagen, ich sei zum Zuhören gekommen und das sei Stephan Wermters Veranstaltung, was die Leute aber nicht interessierte. Auch Stephan Wermter griff nicht ein oder versuchte die Redeleitung oder gar die Diskussion an sich zu nehmen.
Also der Abend endete eher seltsam: die Anwesenden diskutierten mit mir über Schulsanierungen und warum Stephan Wermter rechts rüberkommt und warum gegen ihn demonstriert wird und warum für das und jenes kein Geld da ist…
— Sebastian Müller ?????? (@sbamueller) January 31, 2018
Ich versuchte dann ein paar Dinge richtig zu stellen und zählte die zahlreichen Schulsanierungen und Neubauten auf, die Ausgaben für Kindergärten und ähnliches und dann wurde es wieder ruhiger. (siehe auch diese Pressemitteilung: 150 Mio 2007-14)
Stephan Wermter beendete dann gegen 21:45 „Haslacher Bürger diskutieren mit Sebastian Müller“, was mir auch ganz recht war, weil es vor Ort nix zu Essen gab und ich ziemlich Hunger hatte und heim wollte. Ich wurde zu keiner Zeit bedroht und Stephan Wermter war gegenüber mir immer höflich. Vielleicht sollten einfach mehr Leute „aus der Politik“ zu solchen Veranstaltungen gehen und mit den Leuten sachlich und fundiert Diskutieren.
Einer der Diskutanten will jetzt mit mir Mittagessen gehen und dann kam noch eine Frau zu mir und sagte, sie habe gedacht es gäbe hier Informationen zur OB Wahl und keine politische Selbsterfahrungruppe.
Best of des heutigen Abends: die @badischezeitung lügt zwar aber in der habe ich gelesen, wir zahlen der #KTS 200.000€ im Jahr ohne Verwendungsnachweis
— Sebastian Müller ?????? (@sbamueller) January 31, 2018
2 Gedanken zu „Wermter Wahlkampfauftakt wird zu „Diskutier mit Müller““
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