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Ja zu Windkraft

Derzeit gibt es immer wieder seltsame Flyer und Bürgerinitativen mit komischen Argumenten gegen Windkraft. Ich habe zusammen mit anderen einen Flyer erstellt um die wichtigsten Anti-Argumente zu widerlegen.

Windkraft – Einige Fakten!

Vermeintlich (lokale) Bürger*inneninitiativen wie z.b Unser Breisgau, “Landschafts- und Naturschutzinitiative Schwarzwald LANA” (= ehemals Bürgerinitiative zum Schutz des Hochschwarzwaldes) oder “Unser Schauinsland” machen mit Hilfe von nicht belegter Pseudowissenschaft, dem Aufbauschen und dramatisieren bestimmter Teilaspekte, so wie verschwörungsideologischer Rhetorik Stimmung gegen Windkraftanlagen in ganz Südbaden.

Und die Querdenker mischen auch mit

Dabei ist der schnellstmögliche Ausbau erneuerbarer Energie auch hier im südlichen Breisgau in unser aller Interesse, sowohl für günstige Strompreise als auch um die Erderhitzung einzudämmen.

Grundsätzlich

Deutschland hat sich in einem völkerrechtlich bindenden Vertrag verpflichtet, die globale Erwärmung auf 1,5 C zu begrenzen. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss der deutsche Treibhausgasausstoß bis 2030 um mindestens 65 % gesenkt sein, 2045 darf Netto kein Treibhausgas mehr ausgestoßen werden. Dem Strom- und Energiesektor kommt dabei eine entscheidende Rolle zu.[1] 

Bereits jetzt sind die dramatischen Folgen der Erderhitzung deutlich, Überschwemmungen in Bayern, der Schweiz, Tagestemperaturen von 50 °C und mehr. Gebiete, die aufgrund von tödlicher Hitze oder Überschwemmungen unbewohnbar werden, führen dazu, dass sich die Überlebenden eine neue Heimat suchen. Erhitzung führt dazu, dass Menschen aus ihrer Heimat vertrieben werden.[2]

Foto: Mike Zeitz

Windkraft

Windkraft ist eine kostengünstige, technisch ausgereifte Energiequelle, auch im Binnenland.[3] Die Gipfel des Schwarzwaldes eigenen sich sehr gut Süddeutschland mit Strom nahe an den Verbrauchszentren zu versorgen und damit unserer Industrie und Haushalten günstigen Strom zur Verfügung zu stellen[4]. Dabei ergänzt Windkraft perfekt Solar: Nachts und im Winter gibt es viel Wind, tags und im Sommer viel Sonne.[5] Durch die Energiewende wird unser Stromverbrauch steigen, aber unser Primärenergieverbrauch sinken. Elektroautos und Wärmepumpen brauchen Strom, aber deutlich weniger Öl als konventionelle Heizungen oder Autos.[6]

Windräder

Neue Windräder sind höher als alte Windräder, weil bei doppelter Höhe die vierfache Menge an Strom erzeugt werden kann.[7] Gesetzlich sind die Landkreise verpflichtet 1,8% ihrer Fläche für Windenergie auszuweisen, sonst darf überall ein Windrad gebaut werden[a].[8] Ungeeignete Flächen dürften laut den aktuellen Bestimmungen nicht ausgewiesen werden.

Auch in Südbaden sind diese Windräder wirtschaftlich. Es ist sinnvoll, die Windräder übers Land zu verteilen und nicht nur alle im Norden zu konzentrieren da zu unterschiedlichen Zeiten der Wind in unterschiedlichen Teilen Europas anders stark ist. Kabel gibt es übrigens wegen der bayerischen Landesregierung/CSU noch nicht.

Infraschall

Ist ein sehr tiefer Schall, den der Mensch nicht hören kann. Er überträgt sich aber genauso wie der hörbare Schall und es sind keine besonderen gesundheitlichen Beeinträchtigungen dadurch nachweisbar. Die Beinträchtigung scheint ein Nocebo Effekt zu sein.. Eine Diskussion entstand, weil sich die Physikalisch-Technische Bundesanstalt verrechnet hatte und den Schalldruck von Windkraftanlagen falsch angab. Schon Wind der an Bäumen entlang streicht, oder auch Tackern, Heizungen, Rasenmäher erzeugen Infraschall. Auto-Innenräume haben häufig einen deutlich höheren Infraschall als wenn man direkt unter dem Windrad steht.[9]

Siehe auch: https://www.asu-arbeitsmedizin.com/praxis/die-wunderliche-infraschallwelt-von-c-vahl-und-w-roos

Auszug aus einem der seltsamen Flyer ohne Quellen, die von Bürgeriniativen verbreitet werden.

Schattenwurf

Bei Sonne kann es tagsüber einen sich bewegenden Schatten geben, der in Innenräumen zu Belästigungen führen kann. “Die Erstellung von unabhängigen Schattenwurfgutachten und die Regelung notwendiger Abschaltzeiten sind Bestandteil jedes Genehmigungsverfahrens für Windenergieanlagen.”[10]

Brandschutz, Katastrophenschutz

Es ist denkbar, aber sehr unwahrscheinlich, dass eine Windkraftanlage brennt[11] – so wie jede technischen Anlagen. Im Fall eines Brandes der Rotoren oder des Maschinenhauses wird die Feuerwehr den Bereich weiträumig absperren und Maßnahmen zum Schutz der Umgebung treffen. Man sollte sich nicht in der Nähe von defekten oder brennenden Windkrafträdern aufhalten, so wie man sich auch von anderen brennenden Gebäuden oder Anlagen fernhält.

Krieg

Windkraftanlagen bieten keine lohnenden strategischen Ziele, da sie: Weit gestreut sind und bei Ausfall relativ einfach zu ersetzen sind; ihr Ausfall im einzelnen die Energieproduktion nicht signifikant schwächt;  sie weit weniger lohnende Ziele bieten als z.B.  Staudämme, oder Umspannwerke, deren Zerstörung eine weit signifikante Wirkung auf das Stromnetz und die Energieversorgung hätte, inklusive dem psychologischen Effekt auf die Bevölkerung. Sollte Russland in der Lage sein, Windräder im Schwarzwald erflogreich anzugreifen, wäre davon auszugehen, dass die Luftabwehr der gesamten NATO nicht mehr funktioniert. In diesem Falle hätten wir andere Herausforderungen.

Tierarten wie Rotmilan, Fledermaus

Es kann sein, dass ein Windkraftwerk in den Lebensraum geschützter Tierarten wie Rotmilan oder Fledermäusen eingreift. Das wird zum einen im Verfahren überprüft, die Planungen darauf optimiert und diese Lebensräume werden aber verschwinden, wenn sich die Erderwärmung weiter ungehindert fortsetzt. Jedes Projekt wird heutzutage durch Artenschutzuntersuchungen und Umweltverträglichkeitsprüfungen begleitet. Die häufigste Todesursache für Vögel sind übrigens Hauskatzen.

Wald

GGf. muss beim Bau eines Windrads für den Bauplatz oder den Feldweg zum Rad, Wald abgeholzt werden. Die von diesem Wald gebundene Menge CO2 steht jedoch in keinem Verhältnis zum jährlich durch das Windrad eingesparten CO2. Darüber hinaus ist nicht jeder Wald ökologisch gleichwertig, es gibt auch etwa forstwirtschaftlich intensiv genutzte Nadelwälder oder Monokulturen, die geringen ökologischen Wert haben.

Es dürfte aber auch klar sein: Stoppen wir den Klimawandel nicht schnell, dann wird es keinen Schwarzwald bzw. Wald an dieser Stelle mehr geben.

Wertverlust für Immobilien

Für Windkraftanlagen die nach 2017 gebaut wurden, lassen sich auch bei großen Studien keine Wertverluste nachweisen.[12]

SF6

und die Querdenker Kanäle bekommen Schnappatmung wenn Pro Windkraft Flyer verteilt werden

Seit den 1960er-Jahren wird SF6 in elektrischen Schaltungen verwendet, aber auch in vielen weiteren technischen Anwendungen genutzt, die Hauptverwendung ist in anderen Branchen im Vergleich zur Windkraft gering. Solange sich das SF6 -Gas in den gekapselten elektrischen Schaltungen befindet, hat es keine Auswirkungen auf das Klima. Für die Entsorgung beim Rückbau gibt es strenge Vorschriften. Die Emissionen sind stark rückläufig. [13] 

Mikroplastik, Abrieb

Abrieb von Windkraftflügeln ist vor allem ein Problem für die Betreiber, nicht für die Umwelt oder gar die Bevölkerung, da die Mengen gegenüber all den anderen Quellen von Mikroplastik vernachlässigbar gering sind und außerdem nicht giftiger sind. Problematische Stoffe werden beim Betrieb nicht freigesetzt, da sie durch Lacke und Folien geschützt sind und außerdem fest im Plastik gebunden sind. Experten quantifizieren den durch die Erosion entstehenden Partikelabrieb im „Worst Case- Szenario“ auf maximal 10 kg Lack pro WKA über die Lebensdauer von 20 Jahren [14]

Fundament

Je nach Anlagentyp und Standort liegt der tatsächliche Stahlbedarf für das Fundament einer Windkraftanlage zwischen 100 und 200 Tonnen. Für die Fahrbahndecke einer sechsspurigen Autobahn werden pro Kilometer rund 9000 Kubikmeter Beton benötigt – genug, um mehr als zehn Windräder zu verankern.[15]

Insektensterben

Teils werden die Windkraftanlagen etwa in Staufen oder Ehrenkirchen in Tabakfeldern gebaut. Tabak ist ein natürliches Insektizid. Die Menge an Insekten in der relevanten Höhe ist gering. Zahlen von 1,2 Billionen toten Insekten werden selbst von den Herausgebern der Studien abgestritten.[16] Auf Maisfeldern, wie in Südbaden weit verbreitet, leben nur sehr wenige Insekten.

Schrecken Windräder Touristen ab?

Ergebnis einer Untersuchung des Instituts für Tourismus und Bäderforschung in Nordeuropa ist, dass Windenergieanlagen kein Touristenschreck sind, und es keinen Zusammenhang zwischen Besucheraufkommen und der Zahl der Windräder gibt. Windräder sind auch ein Aushängeschild für Klimaschutz und ökologischen Fortschritt einer Region. Für die Auswahl eines Urlaubsortes sind andere Faktoren wie Lage, Preis-Leistungs-Verhältnis, Freizeitangebote und Gastfreundlichkeit entscheidende Kriterien.

Energieversorgung

Derzeit befindet sich unsere Energieversorung in der Transformation. Es wird derzeit schon zu über 60% durch erneuerbare Energien gedeckt, diese sind kostengünstiger als konventionelle Energie. Speicher sind breit verfügbar und werden ständig günstiger. Sie stehen außerdem  mit zunehmender Verbreitung von E-Autos sowieso zur Verfügung.

Flyer als PDF zum selber ausdrucken

Weitere Informationen

RDL Bericht zur Umweltausschuss Sitzung: „Windstrom vom Ochsenberg ? – Naturfachliche Voruntersuchung zur Änderung des Flächnenutzungsplan eingeleitet. Kontroverse auch“

Schöner Blogartikel von Eva Stegen zur dumpfen Gemütslage um die Windkraft: “Mit der Windkraft, da weiß man ja auch nicht so genau…“: Das Vertrauen in neue Wunderreaktoren hingegen ist grenzenlos, zumindest an Stammtischen und in manchen Redaktionen.


[1] https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/treibhausgasminderungsziele-deutschlands#nationale-treibhausgasminderungsziele-und-deren-umsetzung

[2] https://www.welthungerhilfe.de/informieren/themen/klimawandel/klimafluechtlinge-klimawandel-und-migration

[3] https://www.ise.fraunhofer.de/de/veroeffentlichungen/studien/studie-stromgestehungskosten-erneuerbare-energien.html

[4] “Nordschwarzwald und Südschwarzwald verfügen in den Höhenlagen über die besten Windverhältnisse des Bundeslandes Baden-Württemberg. (…) Das Windangebot erreicht in den von der Anströmung her günstig gelegenen Höhenlagen recht durchgängig ein sehr hohes Potenzial von über 500 W/m², teilweise werden 600 W/m² überschritten. Anzumerken ist aber auch – dies gilt auch für die übrigen Teile des Schwarzwaldes – dass die Höhenlage allein noch kein Garant für ein ausreichendes Windangebot ist (…) Südlich des Kinzigtals erreichen die Höhenlagen wieder über 1.000 m ü.NN. Entsprechend ist hier im Bereich der Hochlagen teilweise größerflächig ein sehr hohes Windangebot von mehr als 450 W/m² vorzufinden, in Spitzenlagen werden teilweise über 650 W/m² erreicht. Dies setzt sich im Südschwarzwald fort. Hier werden rund um den Feldberg die größten Höhenlagen erreicht. Neben dem Feldberg erreichen auch Belchen und Herzogenhorn mehr als 1.400 m ü.NN, die hohen Gipfel sind nicht mehr bewaldet. Hinsichtlich der Windqualität lassen sich die zuvor für den Südteil des mittleren Schwarzwaldes gemachten Aussagen wiederholen, wobei die Spitzenwerte mit über 700 W/m² noch höher liegen.” S. 40 folgende und “So finden sich im Oberrheingraben durchaus Bereiche mit geeignetem Windangebot um die 250 W/m². An günstigen Stellen werden auch mehr als 300 W/m² erreicht, auf den Kuppen des Kaiserstuhls kleinräumig über 350 W/m².”, S.44, https://www.energieatlas-bw.de/documents/24384/139536/Endbericht+Windatlas+BW+2019

[5] https://energiewende.eu/windkraft-ungleichmaessige-erzeugung/

[6] https://www.bmuv.de/themen/verkehr/elektromobilitaet/effizienz-und-kosten#:~:text=Infografik%3A%20Wirkungsgrade%3A%20Elektroautos%20liegen%20weit%20vorn&text=Im%20Well%2Dto%2DWheel%20Effizienzvergleich,Benzin%2DFahrzeug%20bei%2020%20%25. und https://www.udo-leuschner.de/basiswissen/SB127-07.htm

[7] https://www.windkraft-brand.de/fakten/stand-der-technik/

[8] https://klimaschutzland.baden-wuerttemberg.de/windkraft#:~:text=Wind%2Dan%2DLand%2DGesetz&text=Bis%20Ende%202032%20m%C3%BCssen%20die,Landesfl%C3%A4che%20f%C3%BCr%20die%20Windenergie%20auszuweisen.

[9] https://troet.cafe/@daschnott/112676546796738397

[10] https://www.energieatlas-bw.de/documents/24384/139536/Endbericht+Windatlas+BW+2019 S. 45

[11] https://windkraftbb.de/kein-waldbrand-durch-windraeder/#:~:text=Windr%C3%A4der%20brennen%20selten.,das%20pro%20Jahr%20nur%200%2C025%20%25.

[12] https://www.pik-potsdam.de/de/aktuelles/nachrichten/nicht-vor-meiner-haustuer-windraeder-haben-kaum-auswirkungen-auf-die-immobilienpreise-in-den-usa

[13] https://www.wind-energie.de/fileadmin/redaktion/dokumente/Aktuelles/Faktenchecks/20220825_-_BWE-Faktencheck_SF6.pdf

[14] https://energiewende.eu/windkraft-abrieb/ und https://ravensburg.scientists4future.org/wp-content/uploads/sites/32/2024/04/S4F-RV_Faktencheck-Windkraft-Altdorfer-Wald_Mikroplastik_240411-vorl.pdf

[15] https://www.mimikama.org/windrad-fundament-stahlbedarf/

[16] https://www.sonnenseite.com/de/umwelt/windenergie-studie-sieht-keinen-einfluss-auf-das-insektensterben/#:~:text=Windenergieanlagen%20sind%20nicht%20f%C3%BCr%20das,Metern%20H%C3%B6he%20ausgesprochen%20gering%20war.

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