Rechtsstreit mit Dr. M: Man darf mehr sagen als Sie will!

Nun liegt das Urteil im Rechtsstreit mit Dr. M aus Freiburg vor. Sie hatte mich verklagt, weil sie auf meinem Blog bestimmte Äußerungen verboten sehen wollte.

Dazu bekam ich, nachdem der Artikel auf meinem Blog am 23.12.22 online ging, am 11.01.2023 ein anwaltliches Schreiben mit der Aufforderung, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Darauf ging ich nicht ein. Ich bot ihr  jedoch  den Abschluss eines Vergleichs an und schlug hierzu zu drei der vier Textpassagen alternative Formulierungen vor. Diese gefielen ihr nicht. Auch auf einen Vorschlag, selbst alternative Formulierungen vorzuschlagen, ging sie nicht ein und reichte am 21.3.23 Klage ein.

Am 7.9.23 kam es dann zu einer mündlichen Verhandlung, in der ich wiederum einen Vergleich anbot und die angegriffen Aussagen gelöscht und umformuliert habe. Zunächst ging Frau Dr. M darauf ein, erklärte jedoch danach, wohl ihre Rechtsschutzversicherung verlange ein Urteil. Das hat sie nun.

Nun hat das Gericht sich – inzwischen gelöschte –  Passagen genau angeschaut und entschieden: Ich darf meine Vermutung über den Umgang mit (falschen) Maskenattesten, nicht wiederholen. Diese Äußerungen im Detail wiederhole ich hier deshalb auch nicht. 

Ulrich von Kirchbach, Sebastian Müller (Autor) bei einer Demo gegen Querdenker am 18.12.21

Dies sei zwar noch keine Schmähkritik, aber “Im Rahmen der hierbei vorzunehmenden Gesamtabwägung überwiegt vorliegend das Persönlichkeitsrecht der Klägerin gegenüber der Meinungsfreiheit des Beklagten”. Das Gericht räumt aber durchaus ein durch “alternative Formulierungen in zulässiger Weise Kritik an dem Angebot der Klägerin” zu üben.”

Allerdings bedeutet die Entscheidung auch, das eine Reihe von – inzwischen ebenfalls angegriffenen Äußerungen  wiederholen, dürfte: 

So schreibt die Kammer des Landgerichts Frankfurt etwa:

„Während die beiden aus meiner Sicht dem Querdenken Umfeld oder zumindest deren Ideologischer Ausrichtung zu zuordnen sind, so wie eine Reihe von anderen Ärzten. Ist es bei der Liste integrative Medizin weniger deutlich“

Diese Äußerung darf ich tätigen. Denn das Gericht schreibt: 

“ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht als unwahre Tatsachenbehauptung, sondern als Meinungsäußerung anzusehen. Sie ist erkennbar von den Elementen des Dafürhaltens, des Meinens und der Stellungnahme geprägt, was auch durch den Zusatz „aus meiner Sicht“ erkenntlich wird. Es handelt sich um eine schlagwortartige Qualifizierung einer politischen Einstellung oder Geisteshaltung einer Person durch Elemente eines Werturteils, die nicht dem Beweis zugänglich sind.

So ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass Begriffe wie „rechtsextremistisch“, „Neonazi“, „Nazi“, „Hooligan“, „Antifa-Extremist“, „Antifa-Mann“, „Antifa-Autor“, „Extremist“, „Sprachrohr für Rassismus, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit“ und ähnliche regelmäßig als Meinungsäußerungen anzusehen sind (…) Es besteht auch ein Mindestbestand an Anknüpfungspunkten für die getätigte Äußerung. Seit der Coronapandemie im Jahr 2020 ist der Begriff „Querdenker“ überwiegend so zu verstehen, dass damit ein Anhänger oder Sympathisant der politischen Bewegung „Querdenken“ gemeint ist, die sich insbesondere gegen staatliche Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie, gegen Impfungen u.Ä. richten und dabei auch Verschwörungserzählungen verbreitet (…)

diesem Zusammenhang werden in der öffentlichen Diskussion auch oftmals Anbieter von alternativen Heilmethoden wie Homöopathie in die Nähe des Querdenkerumfelds gerückt. Dies steht im Zusammenhang mit dem vorhandenen Werturteil, dass Befürworter von alternativen und nicht notwendig medizinisch gesicherten Heilmethoden sich im Umfeld von Anhängern und Verbreitern von Verschwörungstheorien befinden.

Schön ist auch, dass das Gericht auf das “Werturteil” verweist: “dass Befürworter von alternativen und nicht notwendig medizinisch gesicherten Heilmethoden sich im Umfeld von Anhängern und Verbreitern von Verschwörungstheorien befinden”, eben die tatsache die ich seit langem kritisiere: Wer bei anderen medizinischen Themen seltsame Dinge erzählt, der erzählt es halt auch häufig bei Corona und Impfen. Beispiele finden sich auf diesen Blog und anderswo.

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Die Akte Klimacamp: Überwachungsstadt

Ununterbrochen seit dem 2. Juli 2022, also heute über 482 Tagen demonstrieren ehrenamtliche Aktivisten in Freiburg auf dem Rathausplatz mit einem Klimacamp. Diesem Blog liegen bisher exklusiv Akten vor, die Einblick in den Umgang der Stadtverwaltung mit diesem Camp geben. Beindruckend ist dabei der Kontrolleifer, mit dem das Amt für Öffentliche Ordnung das Camp kontrolliert.

Minutiös kontrolliert der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) im Auftrag der Stadtspitze das Geschehen am Klimacamp. In den Akten sind Hinweise auf über 370 Kontrollen in der Zeit vom 2.7.22 bis zum 16.9.23 zu finden.

Interview dazu bei RDL // Bericht in der Badischen Zeitung: „Während der gesamten Zeit allerdings hat der Vollzugsdienst auf Anweisung des Rathauses das Camp beobachtet, fast jeden Tag, teils mehrfach pro Tag und mitunter bis nach 22 Uhr.“

Dabei wird pro Tag bis zu dreimal das Camp aufgesucht, fotografiert und gemeldet. Es wird  nicht nur der allgemeine Eindruck kommentiert (aufgeräumt, vermüllt, unordentlich), die Anzahl der Personen dokumentiert, sondern es werden auch immer wieder mehr oder weniger banale Vorgänge beschrieben.

Gerade in dieser Banalität der Dokumentation, immer auch – mit durch Scan in eine Papierakte verwaschenen – Fotos, kommt bei mir die Erinnerung an Berichte über Stasi-Akten auf. Bei denen die Betroffenen nach der Wende auch häufig über die Banalität der Beobachtungen verwundert waren.

Ein kleines Best-of der Beobachtungen:

Bereits am 4.7.22, also zwei Tage nach Beginn des Camps, gibt es die erste Inspektion des kommunalen Ordnungsdienstes, welche auch eine umfangreiche Fotodokumentation enthält. Unter dem Punkt „Vermüllung”, wird da notiert,  dass es diese nicht gibt! Es wird aufgeschrieben, wie viele Personen am Camp sind und dass es am Wochenende „laute Durchsagen“ gegeben habe oder an einem Lastenfahrrad geflext werde.

Gleich am 5.7.22 gibt es die nächste Kontrolle, die eine Hängematte ohne Baumschutz (!) bemerkt.

Diese Informationen fasst der KOD immer in einer Mail an das Ordnungsamt zusammen.

6.7.23: „Lautstarke Diskussion zweier Passanten, die das Klimacamp nicht gutheißen.“

8.7.23 eine Hochzeitsgesellschaft betreibt einen Sektausschank mitten im Camp”

13.7.23 „Klavier vor Ort“ mit Beschwerde aus OB-Büro über die Lautstärke.

15.7.23 gibt es eine detaillierte Liste der genutzten Gegenstände.

18.7.22 „Es sah insgesamt unordentlich aus“

19.7.22 wurde im Camp ein Solarkocher aufgestellt. Beim Ordnungsdienst weiß man aber nicht so wirklich, was das ist: „am hinteren Zelt eine Satellitenschüssel aufgebaut, deren Funktion wir noch nicht erkennen konnten. Ein Topf stand drin. Vielleicht dient das Gerät zur Erhitzung von Essen.“

21.7.22, „fand noch eine Rockerhochzeit statt, deren Teilnehmer laute Rockmusik mit einer Musikbox neben dem Klimacamp abspielten.“ 

Rockerhochzeit!

28.7.22: „es wurden wieder proaktiv Flyer an Passanten verteilt.“

28.7.22: „Mittags gab es wieder teilweise im Camp auf der Brunnenseite einen Hochzeitsempfang.“ Das ist sehr spannend, weil Martin Horn in Kommentaren auf Instagram unterstellt, das Camp behindere die Hochzeitsempfänge, gar hätten die Sektempfänge im Schatten (sic!) stattfinden müssen.

19.7.22: Wieder drei Kontrollen am Tag.

2.8.22 moniert das Ordnungsamt in einer Mail an den KOD: „benötigen wir zur gerichtsfesten Verwendung Fotos mit stärkerer Aussagekraft.“ Tatsächlich sind die Bilder hauptsächlich banal. S. 335

3.8.22 „Ab 18:05 Uhr spielte ein kleines Mädchen auf dem Klavier.“

4.8.22: „Um 13:50 Uhr war lediglich eine Person anwesend. Die Person gab an, dass es um 14:00 Uhr sowieso einen „Schichtwechsel“ gebe. Die zweite Person soll nach den Angaben der Person kurz ums Eck gegangen sein.“

4.8.23: „Um 17:35 Uhr befanden sich ca. 5 Aktivisten vor Ort. Wir beobachteten 2 neu ankommende Aktivisten mit Gepäck”

5.8.22 Aufgrund des empörenden Vorgangs im Original in fett: „Gegen 11:55 Uhr konnte (Name entfernt) beobachten, wie die Camp-Bewohner ihr Geschirr in einem Eimer mit Spülmittel waschen. Nach Beendigung ging eine Camp Bewohnerin mit diesem Eimer mit dem Spülwasser zu einem Gully vor dem Rathaus und entsorgte dieses dort. Siehe Bilddokumentation.“

Es ist unklar, ob dieser Umgang mit dem Spülwasser nicht so in in Kooperationsgesprächen laut Camp-Aktivisten abgesprochen war.

9.8:23: „Das Solarmodul war aufgebaut. Ein Mann kochte gerade Wasser.“

10.8.23 „Eine Person füllte sich mehrmals Wasser vom Brunnen in ihre Trinkflasche.“

11.8.23 18:20: „1 Person saß auf dem Sofa, 2 Personen luden Blumenerde von einem Fahrradanhänger ab, 2 Personen saßen im Info – Zelt, 1 Person saß am Klavier und 1 Person reparierte ein Fahrrad.“

11.1.2023 um 10:10: „war am ersten Schlafzelt eine Antifa-Flagge angebracht“

Auch mitten in der Nacht wird kontrolliert: 23.4.2023 schaut der Ordnungsdienst um 01:45 Uhr nach, ob auch zwei Personen anwesend sind und weckt diese dazu auf.

26.4.23 um 15:10: „Die drei Aktivisten im zweiten Schlafzelt waren mit Laptops am Arbeiten“

11.7.23, das Amt für öffentliche lässt vom KOD die am Camp hängenden Banner fotografieren und kommt nach dem Anschauen zum Schluss “die dienen der Meinungsbildung”.

Umfangreich werden auch die Veranstaltungen, die von Aktivisten zwar für den Salon des guten Lebens angekündigt wurden, dort aber nicht stattfanden, dokumentiert. 

30.07.2023 um 00:10: „Es saßen zwei Aktivisten im Hauptzelt und die Beleuchtung war noch an.”

07.08.2023 um 16:35 im Original in rot – wohl wegen der Brisanz: “Im Materialzelt war eine Antifa-Flagge aufbewahrt.” 

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Vergleich mit Dr. M – sbamueller Blog in Gefahr

Update 31.10.23: Inzwischen liegt ein Urteil vor, aber noch keine Berechnung wer wie viel bezahlen muss.

Update 17.10.23: Ich habe 1450,89 per PayPal und 430 EUR als Spende auf mein Konto erhalten. Damit wären, wenn keine weiteren Kosten auf mich zukommen: 1566,54 EUR offen, die ich noch tragen müsste. Da mein Anwalt mir mitgeteilt hat, das es nun doch ein Urteil geben wird, pausiere ich die Spendenkampagne und warte was kommt, es kann ja positiv wie negative Ergebnisse geben. Wir haben darauf hingewiesen, das ich ja im Rahmen des Vergleichs meinen Artikel geändert habe und das deshalb aus unserer Sicht die Klage abzuweisen sei.

Hier vielen Dank, an alle Spender*innen.

Ende November 2022 habe ich einen schnellen Artikel über die Wahlen zur Ärztekammer veröffentlicht. Wie das auf (m)einem Blog so ist: Nicht immer interessiert was man schreibt viele Menschen.

Im Januar bekam ich eine Abmahnung, die ich über meinen Rechtsanwalt zurückwies. Darauf passierte erstmal nichts, es gab einen im März dann wieder einen Schriftwechsel in dem auch der Anwalt der Gegenseite Dinge schrieb, wie: „Man fragt sich, was für eine Kinderstube Ihr Mandant genossen hat,“ und „die Welt mit seinen kruden Veröffentlichungen zu beglücken, zunächst einmal fehlerfrei schreiben lernen sollte“. Auch ein Angebot zu Umformulierungen schlug die Gegenseite aus.

Im Juni reichte der gegnerische Rechtsanwalt Klage ein. Die meisten Rechtsanwälte und Journalisten, die die ich kontaktierte und auch mein Rechtsanwalt waren der Meinung, dass alle Äußerungen auf meinem Blog von der Meinungsfreiheit gedeckt seien.

Obwohl wir beide in Freiburg wohnen, wurde die Klage beim Landgericht Frankfurt anhängig gemacht.

Die Verhandlung lief nicht so ganz, wie ich mir das vorstellte. Auf Anraten meines Rechtsanwalts einigten wir uns auf einen Vergleich – hatte ich ja schon angeboten.

So darf ich zum Beispiel nicht mehr behaupten: “Richtig für TZM gibt es keinen Nachweis einer Wirkung.“ Und habe deshalb die Formulierung zu  „Richtig ist, die Wirksamkeit der TCM ist für viele Krankheitsbilder nicht belegt und umstritten.”, geändert.

Das war dann auch der teuerste Blog Artikel in der Geschichte meines Blogs, so durfte ich immerhin 3.447,43 EUR an meine Anwälte überweisen. Jetzt bin ich halt keine Zeitung, dieser Blog wird ehrenamtlich in der Freizeit betrieben und ich habe daraus auch keine Einnahmen.

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