
Zusammen mit der LANA, Landschafts- und Naturschutzinitiative Schwarzwald e.V., vormals bekannt als Bürgerinitiative zum Schutz des Hochschwarzwaldes, hat die Hochschwarzwald Tourismus GmbH (HTG) zu einem Vortrag von Martin Herrenknecht eingeladen. Zumindest konnte man das glauben, wenn man die Einladung las: „Die Landschafts- und Naturschutzinitiative Schwarzwald e.V. und die Hochschwarzwald Tourismus GmbH laden Sie zu dieser Veranstaltung herzlichst ein.“ So hieß es in der Einladungsmail, die dem Verfasser vorliegt. Inzwischen legt die HTG, darauf Wert, dass sie die Einladung (mit ihrem Logo) und der Unterschrift ihres Geschäftsführers, nur über ihren E-Mail Verteiler verschickt hat.
Erlauben Sie mir hierzu eine Richtigstellung: Wir von der Hochschwarzwald Tourismus GmbH sind nicht der Veranstalter, dies wurde auch in dem von Ihnen verlinkten Artikel der Badischen Zeitung richtig gestellt:
E-Mail an mich 28.10.21
Ob nun Veranstalter oder nicht, eingeladen haben sie dazu. Gut mir wäre angesichts des Gegenwinds (Floskelalarm) das inzwischen auch irgendwie peinlich. Es gibt nämlich fragen. Von Gemeinderäten in der Trägergemeinde Furtwangen etwa:
„… Stadträtin Karin Jäger (UL) mit einer kritischen Anmerkung zu Wort: Es sei eigentlich nicht akzeptabel, dass die Hochschwarzwald Tourismus GmbH (HTG) offiziell zu einem Vortrag einlädt (…) der Tourismusverband HTG, (…) neutral sein müsse und sich nicht bei einem solchen politischen Thema positionieren dürfe. Es gebe auch andere Meinungen zum Thema Windkraft im Hochschwarzwald.“
so etwa Kritik zu HTG-Vortrag, Schwarzwälder Bote 18.10.2021
Oder in den Kommentarspalten der Badischen Zeitung, unter dem Artikel zur Demonstration, die ich angemeldet habe und zu der inzwischen Fridays For Future Freiburg, Extinction Rebellion Freiburg, der Grüne Ortsverein Hochschwarzwald, die EWS Schönau, das Klimabündnis Hochschwarzwald und viele andere aufgerufen haben.
Ich gehöre als Gastgeber aus Feldberg ebenfalls zur Tourismusbranche und wurde von der HTG eingeladen. Wie viele andere auch, bin ich aber der Meinung, dass die Hochschwarzwald Tourismus GmbH so nicht nur die Umwelt schädigt, sondern auch das Ansehen einer ganzen Tourismusregion.
Josef Müller, keine Verwandtschaft bekannt, Kommentar zu Aktivisten planen Protest bei Treffen der Windkraftgegner in Schluchsee, von Peter Stellmach, Di, 26. Oktober 2021

Jetzt kann man erstmal eine ganze Reihe grundsätzlicher Fragen stellen: Schadet Windkraft dem Tourismus wirklich? Was sind touristisch sensible Bereiche die keine Windkraft vertragen? Gibt es im Schwarzwald überhaupt, touristisch nicht sensible Bereiche? Oder ist es eher so wie Jens Schmitz im Leitartiel (28.10.21) in der Badischen Zeitung sagt: „Für gute Arbeitsplätze nehmen Kommunen vor Ort die nicht eben landschaftstypischen Industrieanlagen so genannter Hidden Champions ebenso in Kauf wie Erlebnisbäder, Fun-Parks, Ski-Arenen oder Hotel-Burgen.“
Immerhin weißt er darauf hin:
Die Schwarzwaldkulisse ist keine Wildnis, sondern Ergebnis einer wechselvollen Nutzungsgeschichte. Was Menschen gewohnt sind, nennen sie schützenswerte Kulturlandschaft. Was neu und ungewohnt scheint, wird als Ausfluss der modernen Industriegesellschaft beargwöhnt.
Für den Klimaschutz müssen bei Windkraftanlagen Opfer gebracht werden, Von Jens Schmitz, Mi, 27. Oktober 2021
Oder ist die Gegnerschaft der HTG eher darin begründet, dass Kommunen die nicht mehr einseitig vom Tourismus abhängig sind, auch nicht mehr von der Tourismusfördergessellschaft abhängig sind?
Nun kann man sich weiter fragen: Warum lädt die HTG auf ihrem digitalen Briefpapier, mit Unterzeichnung des Geschäftsführers, zu einer einseitigen Veranstaltung ein? Warum will sie dann später nur die Einladung weitergeleitet haben? Selbst wenn es nur eine Weiterleitung einer E-Mail gewesen sein sollte, was aus meiner Sicht fraglich ist, dann wurde damit dennoch Arbeitszeit von Mitarbeitenden genutzt. Auf die Frage, ob sie etwa die Beherberungsbetriebe auch zu einer Pro-Windkraft-Veranstaltung einladen würde, gab es bisher keine Antwort.
Kritik entzündet sich daran, dass die Tourismusgesellschaft Partei ergreift und dass hinter verschlossener Tür gesprochen wird. Auch daran, dass nur Gastronomen und Hoteliers eingeladen sind. Der Eindruck ist, „dass die Energiewende vor Ort torpediert“
Aktivisten planen Protest bei Treffen der Windkraftgegner in Schluchsee, Von Peter Stellmach, Di, 26. Oktober 2021
Es ist halt schon befremdlich, wenn nicht mal der Leiter des Umweltamts aus Freiburg teilnehmen soll und nach Einladung im exklusiven Kreis diskutiert wird.
Und dann ist da noch der ganze Komplex um die auftretenden Personen. Die LANA-Funktionäre Peter Stoll und Werner Wojtaschek touren seit Jahren durch den Schwarzwald und warnen vor Windkraftanlagen. So etwa vor Nanopartikel, die durch brennende Windräder verteilt würden und Waldbrandgefahr durch Windkraft. Immerhin das Thema „Infraschall“, kann nun nicht mehr ziehen, da diese als Falschbehauptung entlarvt wurde.
Dann wäre da noch der Vortragende Martin Herrenknecht. Immerhin suggeriert der Artikel von Jürgen Lessat in der Kontext Wochenzeitung, dass Herr Herrenknecht auch ein wirtschaftliches Interesse an einem Stromimport aus Offshore Windkraft haben könnte, da seine Firma auch Maschinen für die Erdkabelverlegung herstellt.
SWR Bericht: Für Windkraft und gegen Herrenknecht: Klimaaktivisten demonstrieren in Schluchsee
Über die Resonanz können die aufrufenden Organisationen mehr als glücklich sein. Durch rege Aktivitäten bringt sich eine sehr überschaubare Zahl harter Windkraftgegner – die waren auch mit etwa fünf als Gegendemo zur Gegendemo vor Ort – bislang immer wieder ins Gespräch und ist auch in den Medien sehr präsent. Auch wir hätten mit diesen fünf Leuten diskutiert und ihnen sogar Zeit für einen kurzen Beitrag eingeräumt, aber als Zeit gewesen wäre, waren die dann sehr beschäftigt mit dem ebenfalls anwesenden Volker Finke, ehemaliger SC Freiburg Trainer, zu diskutieren.
Bei manch einem Bürger, im Schwarzwald oder in der Rheintalebene, mag der Eindruck entstehen, dass die Menschen im Schwarzwald flächendeckend gegen Windräder sind. Dem ist aber nicht so, die Gegenbewegung wird von einer kleinen Gruppe gut vernetzter aber weniger Personen getragen.
Dass die Hochschwarzwald Tourismus GmbH recht eindeutig politisch Stellung gegen Windkraftausbau im Hochschwarzwald bezieht, ist so nicht akzeptabel und auch nicht neu. So bewirbt sie etwa St. Peter „mit Glanz und Gloria“ als einen ihrer wunderschönen Ferienstandorte. Im Bio-Energiedorf St. Peter (schon seit 2014, siehe Broschüre der Bürgerenergie St. Peter) gibt es einige Windräder. Dort wird immerhin dreimal soviel Strom produziert, wie man vor Ort verbraucht – und zwar überwiegend mit Windkraft. Hat das dem Tourismus und den Übernachtungszahlen in St. Peter geschadet? Eher nicht.
Auch der gute Blick auf die Windräder im Schwarzwald hat der Tourismusindustrie in Freiburg nicht geschadet und die ist immerhin dieses Jahr Nummer 3 der Top 10 Liste des Lonely Planet. Wegen der ganzen Ökodinge.
Die Resonanz in den Medien war überraschend stark. So berichtete etwa die Badische Zeitung auf Seite drei über die Gegendemo und die Ungereimheiten des ganzen Vorgangs: So war nicht mal der Umweltschutzamtsleiter aus Freiburg zugelassen, auch kein BZ Reporter oder eine Studentin, die über Windkraft im Schwarzwald und Tourismus ihre Abschlussarbeit schreibt. Was Pro-Windkraft-Vermieter aus dem Vortrag berichten, ist dann ebenso absurd: Wenig Argumente, viel Anekdoten, Windräder stören beim Fliegen und Fahren durch den Schwarzwald und viel aggressive alte Männer.
„Insofern erstaunte es nicht, dass nun offenbar HTG und Lana gemeinsam zu einer Anti-Windkraft-Veranstaltung einluden – so jedenfalls steht es auf dem Schreiben, das in den sozialen Netzwerken für so viel Aufsehen sorgte. Doch nach Darstellung der HTG soll es sich dabei um ein Versehen gehandelt haben. Die HTG stelle nur die Räumlichkeit zur Verfügung. Eingeladen habe nur die Lana, die aus früheren Bürgerinitiativen zum Schutz des Hochschwarzwaldes hervorgegangen ist, die Windkraftunternehmern wie dem Freiburger Andreas Markowsky als „fanatische Windkraftgegner“ gelten. „Von denen kriegen wir Einsprüche unabhängig vom geplanten Standort“, sagt Markowsky.“ (…) Im Saal sind am Freitagnachmittag etwa so viele Menschen wie davor, schätzt ein Teilnehmer. Zu Beginn habe Rudolph eine „flammende Rede gegen Windkraft“ gehalten und sich beklagt, dass dies nur unter Polizeischutz möglich sei, sagt der Zuhörer. (…) den Schwarzwald als die windärmste Region Europas bezeichnet haben. Über die E-Mobilität soll er gesagt haben, dass sie nichts bringe. Windkraft im Norden Deutschlands mit unterirdischen Stromtrassen in den Süden soll er hingegen begrüßt haben“
Windkraftgegner und Tourismusverband hören Herrenknecht hinter verschlossener Tür, Von Klaus Riexinger, Fr, 29. Oktober 2021
Auch hier scheint sich ein Pattern der HTG. Erst sich äußern und dann wenn es kritisch zu sein scheint, zurückrudern. So mußte die Badische Zeitung auch diesen Bericht wiederum mit einem Kasten versehen, in dem der HTG Geschäftsführer versucht klar zu machen, er weder habe eine flammende Rede gegen die Windkraft gehalten, noch sich über die Polizeipräsenz beschwert. Das ganze hat dann schon einen gewissen Popkornkator, zeigt aber wie „seriös“ diese GmbH agiert.