Sozialarbeiter und die 700 Polizisten – AKIM in Freiburg ?

Am Dienstag hatten die Unabhängigen Listen die Leiterin des Müncher Sozial Referats Dr. Eva Jüsten eingealden um über die Erfahrungen in München mit dem Projekt Allparteiliche Konflikt Moderation in München zu berichten.

AKIM kümmert sich dabei nicht nur um die Konflikte im Öffentlichen Raum, etwa am Münchner Gärtnerplatz, sondern auch etwa vor der Münchner Asylbewerber Erstaufnahmeeinrichtung Bayernkaserne.

Aber nun zu Münchens Version des Augustinerplatzes, dem Gärtnerplatz: Oder wie es München.de schreibt: „Der Gärtnerplatz wurde 1860 als zentraler Platz der Isarvorstadt errichtet. Heute ist der Platz mit seinem südländischen Flair Mittelpunkt des Münchner Szene-Viertels.“

Gärtnerplatz in der Isarvorstadt, Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:MUC_G%C3%A4rtnerplatz-2013-07.jpg

Seit 14 Jahren gibt es wohl am Gärtnerplatz Konflikte zwischen Anwohnern und Nutzern, in der zwischenzeit auch mal einige bauliche Veränderungen, die aber den Platz nur noch attraktiver gemacht hätten. Traditionell sei der Platz durch ein geringe Polizeipräsens geprägt. Da auch die Münchern Polizei – ähnlich wie die Freiburger über den Augsustinerplatz sagt: das ist nicht der Platz an dem wir was zu tun haben. Hier gibt es keine Schlägereien und auch „nur Ruhestörungen“. Der Platz ist rund um dicht bebaut und die Konflikte tragen auch weiter in angrenzende Stichstrassen. Auch das kennt man ja in Freiburg.

Zwischen Juli 2010 und Mai 2011 habe es eine Mediation gegeben, leider waren nur die Anwohner und nicht die Nutzer anwesend.

Tagsüber  sei der Gärtnerplatz ein Ort mit vielen Personen, zahlreiche Geschäfte und  Cafes mit Freischankflächen, die teils bis 0:00 geöffnet hätten. Abends träfen sich hier Stammbesucher und wechselndes Publikum, auch viele Touristen, viele Besuche die von der Isar kommen, am Platz seien Schwerpunktmässig junge Leute, aber auch Ältere, je später desto alkohlisierter. Aber so Dr. Jützen: man kann aber mit ihnen bis spät in die Nacht sprechen. Auch die angetrunkenen seien Aufforderungen wie: „Bitte stellen sie ihren Ghettoblaster leiser“ zugänglich.

An verregneten Tagen habe dieser 100 in warmen Sommernächten bis zu 1500 Besucher am Platz, an einem normalen Abend 500 Besucher. Bis 0:00 sei die Grundlautsärke hoch, danach geringer, aber es gäbe dann Geräuschspitzen durch Gröhlen, Musik, zerdeppern von Bierflaschen und Ähnlichem.

Am 30.1.2014 hat dann der Stadtrat von München AKIM gestartet und dies befände sich derzeit in der Aufbauphase. Man sei mit Sozialarbeitern, Mediatoren und Studierdenden der Sozialarbeit gestartet und habe im ersten Jahr 12.000 Euro ausgegeben im kommenden Jahr würde das Projekt auf hauptamtliche Kräfte umgestellt und dann wahrscheinlich für 4 Stellen für die ganze Stadt 350.000 Euro kosten. AKIM orientiere sich im Gegensatz zum normalen Streetwork nicht an Personen sondern gehe eben vom Platz aus.

Der Einsatz sei nun von Fr-Sa 23:00 – 4:00 Nachts, von Anfang Mai bis Ende August gewesen an heißen Abenden mit zwei Tandems, an normalen Abenden mit einem und bei Regen gäbe es keine. Die Sozialarbeiter seien mit roten Westen mit knalligen gelben Buttons ausgestattet, mit Handies und Visitenkarten. Ihre Strategie sei es gerade nicht als Ordnungsbehörde vorzugehen, sondern freundliche anzusprechen das man eben mit dem urinieren aufhören soll oder einfach etwas ruhiger sich verhalten.

Und genau diese Ansprache funktioniere. Es war schon beinahe komisch wie der Reporter vom SWR fragte: „Ja sagen sie mal genau was sagen sie zu den Menschen“ und Dr. Jützen antwortete: „Bitte stellen sie ihren Ghettoblaster leiser, hier gibt es auch Anwohner die Schlafen möchten.“ Schon alleine das Menschen da wären, die mit Westen zu erkennen wären, würde etwas ausmachen.

Der Ansatz Bewußtsein für die Anwohner wecken und zu erklären, diese wollten schlafen, dies habe etwas bewirkt!

Hier könnte ich es nun mit diesem Beitrag bewenden lassen. Außer vielleicht mit der Aufforderung, sich auch in Freiburg auf ein solches Konzept einzulassen. Vielleicht zusammen mit einem oder mehreren Freien Trägern, die sich bereits auf dem Feld engagieren (etwa Downtown Street Team oder der AWO) mal die 20.000 Euro in die Hand zu nehmen um etwas zu starten.

Aber, dann kamm wieder die Aussage von den Anwohnern: „Ja in München geht das, weil die habne 700 Polizisten die sich nur um die Innenstadt kümmern“ und daher habe ich mal versucht diese Aussage nachzuvollziehen – auch wenn Frau Jützen selbst sagte, ja klar gibt es die Polizeit aber die kommt bei einer Ruhestörung auch in München nicht in 5 min. In Bereich des Polizeipräsidium München (München Stadt und Landkreis mit zusammen 1,7 Mio Einwohnern) gibt es rund 4900 Uniformierte Polizeibeamte. Wären die Alle im Wechselschichtdienst tätig – a 8 h Schichten und wel sicher auch mal einer krank, auf Fortbildung und im Urlaub wäre – hätte man ständig etwa 1200 Polizeibeamte im Einsatz. Nicht eingerechnet, das es auch viele gibt die nur Tagdienst machen, wie etwa die Jugendsachbearbeiter. Für die ganze Stadt München.

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Allparteiliches Konfliktmanagement statt Kommunaler Ordnungsdienst

Wenn man die Zeitung liest und im Internet rumsurft, dann kommt man nicht nur auf irgendwelchen Schrott, sondern auch auf gute und wichtige neue Ideen.

So fand meine Kollegin Stadträtin Vogel einen interessanten Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 27. Januar 2014 14:35 „Friedensengel fu?r Mu?nchen“:Wenn es wärmer wird und viele Menschen wieder ihre Abende draußen verbringen, dann will die Stadt mit einem neuen Ansatz die dabei entstehenden Konflikte im öffentlichen Raum lösen. (…)  soll ku?nftig „Allparteiliches Konfliktmanagement in Mu?nchen“ (AKIM) helfen, einen Ausgleich zwischen unterschiedlichen Interessen herbeizufu?hren.
Die Stadt will dazu knapp fu?nf Stellen schaffen. Vier davon sind fu?r Sozialpädagogen vorgesehen, die als Team an Orten präsent sein sollen, wo es immer wieder Konflikte gibt. Das Projekt, das das Sozialreferat zusammen mit dem Gesundheits- und dem Kreisverwaltungsreferat (KVR) entwickelt hat und das der Stadtrat am Donnerstag beschließen soll, kostet jährlich rund 360.000 Euro. Es orientiert sich am Wiener Vorbild „SAM“ (sozial, sicher, aktiv, mobil), der mobilen sozialen Arbeit in Problemzonen des öffentlichen Raums.“

Im Münchener Merkur wird das ganze noch ein wenig anders beleuchtet: „Dort sind viele Leute meist friedlich beisammen, ein Eingreifen der Polizei wäre also unverhältnismäßig. Akim heißt die neue Eingreiftruppe, „allparteiliches Konfliktmanagement in Mu?nchen“. Fu?nf neue Stellen hat man fu?r sie geschaffen.
Vier Mitarbeiter sollen dort in der Stadt unterwegs sein, wo es Ärger gibt. Kommenden Sommer zunächst nachts am Gärtnerplatz. Durch eine spezielle Kleidung soll sie jeder als neutrale Ansprechpartner vor Ort erkennen.
Ein weiterer Mitarbeiter wird zur zentralen Anlaufstelle bei Konflikten im öffentlichen Raum und soll herausfinden, welche Hilfe genau vor Ort sinnvoll ist.
Dabei soll er eng mit allen zusammenarbeiten, die bisher schon bei Konflikten im öffentlichen Raum aktiv wurden: So ku?mmern sich beispielsweise seit langem Streetworker um Drogenabhängige, Obdachlose oder schwierige Jugendliche.
Zudem gibt es die Stelle fu?r Gemeinwesenmediation. Etwa 30 Vermittler schlichten hier Konflikte in der Nachbarschaft, im Stadtteil oder in Schulen und Kitas“

der Augustiner Platz in einer lauen Sommernacht

Dieses Angebot kam auf Antrag der Fraktion Grüne und Rosa Liste im Münchner Stadtrat zustande: Neues Konzept zur Nutzung des o?ffentlichen Raums
In dem vom Stadtrat beschlossenen Konzept heißt es:

AKIM arbeitet eng mit einer zu gru?ndenden Arbeitsgruppe zusammen, an der Vertreterinnen und Vertreter des Sozialreferats (inkl. Streetwork), des Referates fu?r Gesundheit und Umwelt (inkl. Streetwork), gegebenenfalls und bedarfsweise des Kreisverwaltungsreferates und der Polizei teilnehmen. Diese Arbeitsgruppe soll sich
regelmäßig treffen und bei unklaren Zuständigkeiten der an der Konfliktlösung beteiligten Stellen Festlegungen treffen. Grundlage fu?r die Zusammenarbeit von AKIM
und der Arbeitsgruppe soll ein von AKIM zu erstellender Leitfaden „Konfliktlösung im öffentlichen Raum“ sein, der Handlungsmöglichkeiten benennt, die sich nach der Art und dem Eskalationsgrad des Konflikts und den verschiedenen Zuständigkeiten richten.
Ziel ist es, damit eine erste grobe Einschätzung vorzunehmen, ob ein Konflikt:

  • durch Streetwork oder Mediation bearbeitet werden kann oder andere Interventionen indiziert sind,
  • situativ bearbeitet werden soll (Deeskalation vor Ort) oder konzeptionell (Runder Tisch),
  • einen externen Einsatz erfordert oder durch Ressourcen vor Ort bearbeitet werden kann,
  • kleinteilig bearbeitet werden kann (zwischen direkt Betroffenen) oder andere
  • Ebenen benötigt (Runder Tisch mit vielfältigen Akteurinnen und Akteuren).

Schließlich soll AKIM ein Netzwerk mit den Akteurinnen und Akteuren im Sozialraum, wie REGSAM, den Bezirksausschu?ssen und den sozialen Einrichtungen aufbauen.
Neben der Person, die die erste Konfliktanalyse vornimmt, den Leitfaden erstellt, die Arbeitsgruppe leitet und federfu?hrend das Netzwerk aufbaut, wird ein Team aus Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern bei AKIM mitarbeiten. Dieses Team soll dort vor Ort präsent sein, wo immer wieder Konflikte entstehen.

Und wird in einer Pressemitteilung näher beschrieben: „Entscheidend bei diesem Ansatz ist, alle Beteiligten und ihre Interessen in die Konfliktlösung miteinzubeziehen und bei Konflikten als neutrale Instanz zur Verfügung zu stehen – anstatt des beispielsweise eher auf die jeweilige Zielgruppe zugeschnittenen Ansatzes der Streetworker.
Lydia Dietrich: „Im Hinblick auf die wachsende Bevölkerung und den begrenzten Öffentlichen Raum müssen wir uns in München auf zunehmende Nutzungskonflikte einstellen. Wenn wir die Nutzung des öffentlichen Raums verträglich gestalten wollen, brauchen wir Soziale Arbeit, Hilfsangebote, Kommunikation und Mediation. (…) wie die Erhöhung des Sicherheitsgefühls der BürgerInnen vor Ort. Dazu müssen alle an den Konflikten beteiligten Gruppen in eine Konfliktlösung miteinbezogen werden.“

Das ganze hört sich bestechend an, auch als Alternative für einen Kommunalen Ordnungsdienst, der – so wie er derzeit diskutiert wird, um vernünftig zu sein sicher 10 – 20 Stellen benötigen würde und gut 1 Mio Euro pro Jahr kosten würde.

Ich denke das Konzept sollte man versuchen auf Freiburg zu übertragen, etwa in einem Probelauf, der 2 Jahre dauert. Billiger als die Einrichtung einer Stadtpolizei (oder KOD oder wie auch immer man es nennt), sinnhafter, da es nicht nur wegen Lärm sondern auch wegen anderer Konflikte vermitteln könnte. Es wäre eine wahrlich „Freiburger Lösung“

Am Freitag um 18:00 habe ich in das Fraktionszimmer von Junges Freiburg / Die Grünen eingeladen um über das Thema KOD und Innenstadt mit verschiedenen Freiburger Jugendorganisationen zu sprechen.