Wahlkampf Merkwürdigkeiten: Kandidatenwerbung in Bauvereinsmitgliedermagazin

Der Bauverein Breisgau e.G. ist wahrscheinlich Freiburgs größte Wohnungsbaugenossenschaft mit 4.817 Wohnungen und 22.164 Mitgliedern. 2017 waren es übrigens noch 14.425, also ein stolzer Zuwachs in 10 Jahren. Der Bauverein investiert auch jedes Jahr ordentliche Beträge in Instandhaltung und neue Gebäude. Wer Details dazu wissen will, der lese gerne den Geschäftsbericht.

Allerdings gibt es innerhalb der Vertreter Wiederstand gegen die vom Vorstand angekündigte „Heranführung“ (vulgo. Erhöhung) der Mieten auf 3% unterhalb des Mietspiegels. Wahrscheinlich bedeutet das für viele Mietende eine deutliche Erhöhung. Wieviel genau konnte uns Vertretern, ich bin auch einer, keiner genau sagen. Auch dürfen wir über diese grundsätzliche Frage nicht abstimmen, wir werden nur informiert. Das wäre ein eigener Artikel, aber darum soll es hier nicht gehen.

„Zur Stärkung unserer Gemeinschaft würde ich mich über drei Stimmen von Ihnen freuen“ Quelle: Seite 9 des Bauvereins Mitgliedermagazin Lebenswelten vom Dezember 2017.

Anfang Januar flatterte die Mitgliederzeitschrift des Bauvereins in meinen Briefkasten und ich blättere diese durch. Auf Seite neun wunderte ich mich über einen redaktionellen Beitrag, eine Anzeige kann es nicht sein, denn die werden in Medien immer mit dem Wort Anzeige gekennzeichnet und heben sich deutlich vom Rest des Heftes in Layout und Stil ab, in welcher ein Aufsichtsrat proträtiert wird und für dessen Wahl in den Gemeinderat auf der Liste der Freien Wähler Freiburg geworben wird.

Das befremdet aus mehreren Gründen:

1.Haben die Freien Wähler Freiburg noch gar keinen Gemeinderatswahlliste aufgestellt. Ich finde noch nichtmal den Termin einer Aufstellungsversammung auf deren Website. Derzeit ist die Person also lediglich jemand, der sich um die Kandidatur auf einer Gemeinderatsliste bewirbt.

2.Positioniert sich damit der Bauverein für einen bestimmten Kandidaten und für eine bestimmte Liste. Was laut Auskunft des Genossenschaftsverbandes wohl nicht erlaubt ist.

3. Der Kandidat wirbt mit dem Einsatz für „preisgedämpftes Wohnen“, trägt aber als Aufsichtsrat die Geschäftspolitik der Mietpreiserhöhungen mit.

Alles das empört mich. Zum einen weil es aus den für den Bauverein aktiven Menschen (Vertreter, Aufsichtsräte, Mitarbeiter, …) auch noch weitere Personen gibt die für den Gemeinderat kandidieren, etwa Walter Krögner auf der SPD Liste, der sich auch immer für Genossensschaften einsetzt. Zumindest bekomme ich ihn so mit. Zum anderen weil sich damit der Vorstand für eine Person und Liste positioniert, ohne dass das mit der Vertreterversammlung oder anderen besprochen wurde. Was übrigens laut Genossenschaftsverband nicht erlaubt ist (siehe unten).

Und weil sich der Kandidat eben gerade nicht für „preisgedämpftes Wohnen“ einsetzt, sondern eine Mieterhöungspolitik mitträgt, die geignet ist den eigentlichen Grund der Genossenschaft in Frage zu stellen, der ja ist die Mitglieder mit günstigem Wohnraum zu versorgen.

Am 7.1. rief auf meine E-Mail mit Fragen zu diesem Vorgang der Vorstand des Bauvereins Marc Ullrich bei mir an. Er bestätigte mir, das es sich bei dem Beitrag um einen redaktionellen Beitrag handele und konnte darin jetzt auch keinen problematischen Vorgang erkennen. Schließlich stünde er ja als Aufsichtsrat dem Bauverein sehr nahe und Wahlwerbung für einen Kandidaten sei ja nix problematisches. Sei ja auch wichtig die Mitglieder der Genossenschaft darüber zu informieren. Auf meine Frage, warum die Mitglieder der Genossenschaft nicht über die Geschäftspolitik, wie etwa die „Heranführung“ der Mieten an 3% unterhalb des Mietspiegels informiert würden, erklärte er mir sie bekämen die Mieter ja schon mit.

Der Aufsichtsratsvorsitzende des Bauvereins Martin Behrens sagte mir, er wisse nichts von dem Vorgang, will es aber besprechen.

Genossenschaftsverband: Genossenschaften dürfen keine Werbung für einen bestimmten Kandidaten machen

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100 Tage heiße Luft – Martin Horns 100- Tage-Programm ist eine Ansammlung von Leerstellen

Martin Horn kündigt für die ersten 100 Tage seiner Amtszeit an:

„Bereits in den ersten 100 Tagen möchte ich klare Zeichen setzen:

  • Entscheidung über den zukünftigen Kurs der Freiburger Stadtbau als Kerninstrument für bezahlbaren Wohnraum
  • Konsequente Umsetzung des 50%-Beschlusses
  • Initiierung eines Leerstandskatasters
  • Erhalt des Mooswaldes und der Kleingartenanlagen
  • Initiative „Wiehre für alle“ und Familienheim an einen Tisch zu bringen mit dem Ziel, das Areal zu bewahren
  • Koordination mit dem Amt für städtische Kindertageseinrichtungen zur Reduzierung der Kitagebühren
  • Stelle einer*s Digitalisierungsbeauftragte*n in der Stadtverwaltung auf den Weg bringen
  • Einführung einer monatlichen Bürgersprechstunde gemeinsam mit Akteuren vor Ort, rotierend von Stadtteil zu Stadtteil“

Ich werde hier darlegen, dass viele dieser Ankündigungen hauptsächlich Leerstellen sind. Keiner der Punkte in Martin Horns 100 Tage Programm ist ein konkretes Vorhaben und besonders auch kein Vorhaben, das die Situation in der Stadt verändern würde.

Am besten klingt die Forderung nach der „Entscheidung über den zukünftigen Kurs der Freiburger Stadtbau als Kerninstrument für bezahlbaren Wohnraum“. Sehr interessant wäre zu wissen, was die Stadtbau denn entscheiden soll. Der Oberbürgermeister ist eine Stimme im Aufsichtsrat der Stadtbau, 16 weitere Stadträte nach Größe der Fraktionen, einer der Vorsitzenden des Mieterbeirats, drei Mitglieder des Betriebsrats und drei der weiteren Bürgermeister. Herr Horn könnte die Bürgermeister (mit ihm vier Stimmen) anweisen, in bestimmter Weise abzustimmen. Die restlichen 20 Personen nicht.

Viel spannender wäre allerdings zu wissen, was in den ersten 100 Tagen entschieden werden soll und was anders wäre gegenüber dem Jetzt. Diese Information bleibt er uns leider schuldig. Wenn man genau liest, dann soll über und nicht für den zukünftigen Kurs entschieden werden.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Martin Horn immer wieder den Eindruck erweckt, der Gewinn der Stadtbau würde aus dieser entnommen werden und stünde dem Haushalt der Stadt zur Verfügung. Das ist falsch. Jedes Jahr wird der Gewinn von Steuern reinvestiert. Übrigens wurden die Häuser in Günterstal auf Veranlassung des Gemeinderates gebaut.

Bewertung: heiße Luft. ??


 

Die „konsequente Umsetzung des 50%-Beschlusses“. Auch das hört sich gut an. Der Gemeinderat hat beschlossen, dass bei neuen Bauvorhaben 50% der Wohnungen geförderter sozialer Wohnungsbau sein sollen.

Dieser Beschluss war umstritten und eine Reihe von Gemeinderatsfraktionen und Experten hat damals erklärt, dass es auch nicht sinnvoll wäre. Die Umsetzung des 50% Beschluss zu sozialem Mietwohnungsbau scheiterte bislang nicht am Willen der Verwaltung, sondern an wirtschaftlichen Gegebenheiten und Gemeinderatsbeschlüssen, die Abweichungen aus guten Gründen zuließen (soziale Durchmischung). So hat etwa der Gemeinderat beim Neubau des Einkaufszentrums in Landwasser bewußt keinen sozialen Wohnungsbau beschlossen, um dort eine soziale Durchmischung und Aufwertung des Stadtteils zu ermöglichen. An anderer Stelle, etwa in Herdern, wäre auch mit Förderung kein günstiger Wohnraum geschaffen worden.

Der Gemeinderat hat am Dienstag übrigens mit den Stimmen der SPD Fraktion beschlossen, bei einer Reihe von Projekten von dieser 50% Regel abzuweichen.

Bewertung: heiße Luft. ??


„Erhalt des Mooswalds und der Kleingartenanlagen“. Eine schöne Forderung. So schön, das bereits alle anderen Kandidierenden diese teilen:

kandidatomat_alleneinMooswald

Die einzigen, die damals rumgrummelten, war übrigens die SPD Fraktion.

Bewertung: heiße Luft. ??


„Koordination mit dem Amt für städtische Kindertageseinrichtungen zur Reduzierung der Kitagebühren“. ?

Kindergartengebühren werden hauptsächlich durch Personalkosten bestimmt. Der Personalmarkt ist eng und es gab Lohnsteigerungen und auch diverse Forderungen, diese Berufe finanziell aufzuwerten. Diese Kosten werden hauptsächlich durch den städtischen Zuschuss gedeckt. Wenn man Kita-Gebühren senken will, dann könnte man einfach den städtischen Zuschuss erhöhen. Aber das geht ins Geld.

Übrigens steht so eine Forderung möglicherweise in Konkurrenz mit der besseren Bezahlung von Erzieher*innen.
Durch das Abhalten von Sitzungen allein lassen sich Kita Gebühren nicht senken.

Bewertung: heiße Luft. ??


„Initiative „Wiehre für alle“ und Familienheim an einen Tisch bringen mit dem Ziel, das Areal zu bewahren“.

Als Oberbürgermeister kann Martin Horn einen solchen runden Tisch moderieren. Er kann politischen Druck ausüben, er ist aber auch der Genehmigungsbehörde verpflichtet, sich an Recht und Gesetz zu halten. Er hat keine rechtliche Handhabe, um die Familienheim Baugenossen zu zwingen, ihre Häuser zu sanieren bzw. nicht abzureissen. Ggf. könnte in so einem Fall eine „Erhaltungssatzung“ helfen, aber auch das ist umstritten.

Ich selbst habe in dieser Hinsicht auch einen Brief an den Familienheim Vorstand geschrieben, da ich auch Mitglied bin.

Bewertung: Denkbar und sinnvoll. Ob es was bringt, ist fraglich. ??


„Einführung einer monatlichen Bürgersprechstunde gemeinsam mit Akteuren vor Ort, rotierend von Stadtteil zu Stadtteil“, Dies kann er in den ersten 100 Tagen machen.

Bewertung: möglich ?


„Initiierung eines Leerstandskatasters“. Bisher lässt uns Martin Horn im Unklaren, was dieses Leerstandskataster erfassen soll. Wohnraum? Gewerbe? „100 Tage heiße Luft – Martin Horns 100- Tage-Programm ist eine Ansammlung von Leerstellen“ weiterlesen