Schon immer mit Feststellbremse und jetzt auch mit Reflektoren!
Die Stadtverwaltung, also das Garten- und Tiefbauamt, hat mir am Montag letzer Woche geschrieben, der Brief kam am Mittwoch an, dass mein Miniparklet bis heute verschwunden sein muss. Andernfalls droht die Entfernung durch die Stadt und die Erhebung von Gebühren für die nicht erteilte Sondernutzungserlaubnis.
Die Begründung ist unter anderem, dass das Parklet mangels Bremsen und Reflektoren nicht verkehrssicher sei. Zusammen mit Simon, von „der Partei“ haben wir zumindest diesen Punkt abgearbeitet und Reflektoren, Katzenaugen, Scheinwerfer und eine Fahrradklingel nachgerüstet.
— Sebastian Müller ?????? (@sbamueller) June 21, 2019
Damit dürfte das Parklet deutlich sicherer sein, als das durchschnittliche Freiburger Fahrrad. Daneben habe ich einen Brief an den Oberbürgermeister geschrieben und auch noch mal einen Antrag auf Sondernutzung gestellt.
Schreiben vom 5.12.18 auf meinen Antrag vom 23.10.18.
Und das Schreiben vom 17.6.2019:
Sollte sich nicht bald politisch etwas ergeben, werde ich das Parklet entfernen, da ich keine Lust habe Gebühren zu bezahlen.
Nach nur 8 1/2 Wochen Bearbeitungszeit kam bei mir am letzten Montag ein Schreiben der Stadtverwaltung, bzw. des Garten- und Tiefbauamtes an. Die Stadt lehnt die Aufstellung eines Parklets vor dem Cafe Auszeit in der Moltkestraße ab.
Möglicher Lärm, möglicher Vandalismus, der Eindruck es könne sich um eine Ausßenbewirtungsfläche handeln, aber auch das es nur wenige Menschen nutzen können und der hohe Parkdruck im Quartier sind die gennanten Gründe. Parklets sollten auch nur von Anwohnergruppen, möglichst mit Zustimmung aller Anwohndenen (wie genau diese Zustimmung nachgewiesen werden soll, hat die Stadtverwaltung nicht formuliert), aufgestellt werden.
Die Ablehnung
Leider ist diese Ablehnung so total formuliert, das es aus meiner Sicht wenig Sinn macht, etwa an einer anderen Stelle in der Stadt nochmal ein Parklet zu beantragen. Parkdruck herrscht in Freiburg in fast jedem Quartier – außer vielleicht im Gewerbegebiet Hochdorf. Lärm und Vandalismus können immer aufreten und sicher sein, das es alle Anwohner gut finden kann man nie. Man hat aus meiner Sicht einfach mal alles was man so an Gegenargumenten sammeln konnte aufgeschrieben, selbst wenn diese wiedersprüchlich wären.
Martin Horn ist Oberbürgermeister, damit müßen die 56% der Wählenden, die ihn nicht gewählt haben – dazu gehöre auch ich – leben. In ihrer Begründung, warum sie Martin Horn unterstützen haben sie einige Punkte aufgeführt, die man aus meiner Sicht genauer anschauen sollte. Denn sie schreiben:
Verkehrspolitik
“In der Verkehrspolitik beschränkt man sich weitgehend darauf, ein paar 30er Schilder mehr aufzustellen, ein paar kleinere Radwege anzulegen und sich ansonsten mit den existierenden Staus abzugeben.”
Schauen wir einmal was Verkehrspolitisch in Freiburg in den letzen Jahren so lief und ob das vielleicht auch mit den Staus die es im Moment gibt zu tun haben könnte. Zunächst mal ein kleiner Blick ins Umland:
Da ist etwa der Ausbau der Breisgau S-Bahn mit 30 min Takt von Breisach nach Tittise. Elektrifizierung der Linie bis Donaueschingen, der gerade läuft.
Ein weiterer Ausbau der S-Bahn rund um den Kaiserstuhl läuft gerade.
Die Elektrifizierung der Elztalbahn die ab nächstem Jahr geplant ist.
Schon das wird Pendler von und nach Freiburg deutlich entlasten. (Quelle: RVF)
Auch in Freiburg läuft derzeit einiges. Genau die zahlreichen Baustellen in der Innenstadt zeugen davon: Eine Messelinie ist halb fertig (die letzten beiden Stationen fehlen noch, die Messe und die 15. Fakultät sind aber bereits angeschlossen), spätestens nächstes Jahr wird eine neue Straßenbahnlinie über den Rotteckring eröffnet. Ein Projekt welches von der FPD Fraktion erfolglos aber lange bekämpft wurde.
In den letzten Jahren wurde auch die Straßenbahn durch Zähringen bis an die Gemarkungsgrenze von Gundelfingen verlängert und würde wahrscheinlich schon durch Gundelfingen fahren, wenn die Leute dort nicht dagegen gewesen wären. Übrigens wurde vorher die Bestandslinie durch Zähringen komplett saniert.
Auch im Radverkehr baut die Stadt zügig aus, nicht nur kleinere Radwege, sondern massiveRadvorangrouten. Siehe etwa „Radverkehrskonzepts Freiburg 2020″, das der Gemeinderat im April 2013 beschlossen hat, übrigens mit großen Summen jährlich: Insgesamt einen Kostenumfang von etwa 30 Mio, davon verbleiben noch 8 Mio, (Stand 2013, die städtische Website ist da etwas alt). Übrigens hängt die Geschwindigkeit der Umsetzung von den Mitteln die dafür im Haushalt sind ab. Welche Erhöhung hat die FPD da beantragt oder mitgetragen? Aus meinen Jahren im Gemeinderat kann ich mich an keinen Antrag in die Richtung erinneren.
Das Land Baden-Württemberg hat Freiburg 2011 als „Fahrradfreundliche Stadt“ ausgezeichnet. Gelobt wurden die teilweise vorbildlichen Radverkehrsanlagen und die große Anzahl an Radabstellplätzen – das ist eine von einer ganzen Reihe (ausgedruckt so ne DIN A 4 Seite) von Auszeichnungen und Preisen die Freiburg in der Vergangenheit erhalten hat.
Und nein, nicht mal beim KFZ Verkehr verwahrlost die Stadt: Ich darf etwa an die enormen Summen erinnern mit denen gerade der Zubringer saniert wird und wurde oder die Westrandstraße. Ach ja diverse Tiefgaragen werden gerade repariert und das Parkleitsystem überarbeitet.
Klar über die Tempo 30 Regelungen kann man schön am Stammtisch lästern, ich bin ja auch immer für Tempo 30, außer auf der Straße auf der ich gerade fahre. Aber Fakt ist das nicht “ein paar Tempo 30” Schilder mehr aufgestellt wurden, sondern massiv der Verkehr an großen Straßen aus Gründen der Nachtruhe und Sicherheit verlangsamt.
“Die großen Chancen der aufkommenden Elektromobilität oder die Möglichkeiten zur digitalen Vernetzung und Planung von Verkehrsströmen, die Schaffung von mehr Verkehrssicherheit und vieles mehr, all das wird ignoriert oder links liegen gelassen”
Etwas verwundert der Ruf nach mehr Staat oder Stadt beim Ausbau der E-Lade-Infrastruktur schon. Anträge aus ihrer Fraktion zu diesem Thema kenne ich bisher keine.
Umweltpolitik
“Man redet gerne über vergangene Zeiten, als Freiburg noch Ökohauptstadt war (…) In der Umweltpolitik wird zwar viel von Klimaschutz und Ökologie gesprochen, aber viel zu wenig getan. Der Anteil an regenerativ erzeugtem Strom ist nach wie vor zu niedrig und es fehlen Leuchtturmprojekte beispielsweise zum Einsatz von Speichertechnologie”
Wir wollen jetzt nicht davon sprechen, dass die FPD – deren Mitglied und Kandidat für diverse Wahlen sie sind oder waren – unter anderen die Bildung der Jamaika Koalition an der Frage des Kohleausstiegs hat mit platzen lassen. Aus ihrer Partei kam da gerne der Begriff “Dunkelflaute”.
Nun ist das gesamte Begriff “Ökohauptstadt” oder Umwelthauptstadt, gerne mit dem Attribut: “das Freiburg mal war” oder “nicht mehr sei” so ein Kampfbegriff. Er ist – wenn sie ihn verwenden lächerlich – zum einen weil ich mich aus meiner Zeit im Gemeinderat in der wir immerhin fast zwei Jahre gleichzeitig waren – an keinen FDP Antrag erinnere, der etwas mit dem Thema je zu tun gehabt hätte.
Zum anderen weil Freiburg den Titel “Grüne Hauptstadt Europas”, den die europäische Kommission seit 2010 verleiht, nie getragen hat. Und sagen wir mal das Verfahren um daherzukommen nicht sehr objektiv ist. So bekam ihn Hamburg im Jahr 2011 für “Die Stadt hat sehr ehrgeizige Pläne für die Zukunft, die zusätzliche Verbesserungen versprechen.”
Siehe Wikipedia: “Von Seiten der Naturschutzverbände wurde Kritik an dieser sehr positiven Bewertung geübt. Eine Reihe von Verbänden gründeten die Umwelthauptstadt Hamburg Umweltverbände-Initiative UHU, die die Themen der Umwelthauptstadt kritisch beleuchtete. Sie wollte Anspruch und Realität des Städtischen Umwelt- und Naturschutzes in Hamburg gegenüberstellen.“
Und dann wäre noch die Sache mit den fehlenden Leuchtturmprojekten. Eine kurzer Blick auf die Stadt lässt einen da verwundert zurück, diese Beispiele sind nur die, die mir in den letzten Wochen beim Blick in die Zeitung begenet sind oder beim Bewegen durch die Stadt:
Zweitbester Modalsplit für Nicht-MIV in Deutschland
einen Green Industry Park mit zwölf Modellprojekten: inkusive: Solaren Wasserstoff-Tankstelle
Frey Architektenbaut gerade an einem Green City Tower im Güterbahnhof Nord, 51 Meter mit Lithium-Ionen-Batteriespeicher im Megawattbereich.
Überhaupt Türme: Die Stadtbau saniert gerade diese Wohntürme in Weingarten und macht sie zu Passivhäusern. Gibt es das irgendwo sonst?
Für den neuen Stadtteil Dietenbach wird gerade umfangreich diskutiert wie Grün er werden soll. Bisher scheinen Vorschläge wie Stellplatzfrei wieder an ideologischen Vorbehalten “dann wohnen da zu viele Grüne” oder nicht bewiesenen Vorbehalten “das wird wie Vauban und die Bewohner parken Merzhausen zu” zu scheitern. Übrigens der Grund warum etwa Gutleutmatten nicht Stellplatzfrei wurde war die Warnung vor „einem idelogischen Konzept das nicht nach Haslach passt“. Wie hat die FDP Fraktion damals gestimmt? Wie wird sie sich aktuell zu diesem Thema verhalten?