Einige Anmerkungen zum offline Kandidat-O-Mat

Seit Sonntag gibt es in Freiburg wieder Aufregung über die Entscheidung des promovierten Politikwissenschaftlers Dieter Salomon und seines Wahlkampfleiters, immerhin Master in Politikwissenschaft, nicht am Wahl-O-Mat der Landeszentrale teilzunehmen, aber die Antworten zu veröffentlichen. Ich hatte mir schon überlegt ob ich die Antworten, die die LpB Außenstelle Freiburg ja hatte, nicht per LIFG Anfrage bekommen könnte.

Ich habe aus den Antworten von Dieter Salomon, Monika Stein und Martin Horn eine offline Übersicht gemacht. Diese stößt auf enormes Interesse, bereits einen Tag nach Veröffentlichung gab es über 900 Zugriffe.
Möglicherweise werden die Jusos auch noch einen Wahl-O-Mat basteln.

Allerdings sollte man das Instrument Wahl-O-Mat differenziert betrachten: Weil Parteien auf die gestellten Fragen, nicht nach ihrem Wahlprogramm geantwortet haben. Auch liesse sich über das Instrument nur schwer extremistische Parteien „filtern“. Deshalb gab es Experimente mit alternativen Formaten, etwa einem Wahl-O-Mat der auf den Abstimmungsergebnissen der im Bundestag vertretenen Parteien basierte. Auch haben eine Reihe von Parteien, gar kein kohärentes Programm bzw. Leerstellen bei vielen Punkten (etwa die AfD oder die Piraten).

Beratungsstellen_Frage

Daneben gibt es auch noch die Einschätzung ob die Kurzantwort JA / NEIN/ NEUTRAL zum Begründungstext passt. Ich habe noch mal schnell die Antworten aus meiner Übersicht durchgesehen und finde, das etwa bei Frage 15: „Beratungsstellen für Mädchen und Frauen, die von Gewalt betroffen sind, sollen stärker gefördert werden“ , sowohl Dieter Salomon und Monika Stein (das sind die ersten beiden Spalten) eine Antwort geben bei der man als Kurzantwort Neutral oder Ja angeben könnte.

Gleich darunter könnte Martin Horn etwa auch JA sagen bei der Frage: „Dieselfahrzeuge sollen im gesamten Stadtgebiet verboten werden.“, denn sein Begründungstext ist: „Feinstaub- und Luftverschmutzung darf nicht akzeptiert werden. Dieselfahrzeuge müssen sauberer werden und ich wünsche mir weniger Autoverkehr. Allerdings wäre ein pauschales Fahrverbot für tausende Menschen unfair. Die Bundespolitik muss die Autoindustrie dringend stärker in die Verantwortung nehmen.“

So gibt es eine Reihe von Fragen, wo aus meiner Sicht zwischen Begründungstext und Kurzantwort eine gewisse Lücke klafft.

Ich habe für einen Wettbewerbsbeitrag – der leider keinen Preis bekam – die Mobilisierungsaktionen für Wählende zwischen 16 und 18 Jahren in vier Städten (Freiburg vs. Karlsruhe, Esslingen vs. Konstanz) bei der Kommunalwahl 2014 untersucht. In Freiburg und Esslingen hatten die Gemeinden zusammen mit ihren Beteiligungsinstituten (Jugendbüro, Stadtjugendring,…) jeweils dezidierte Mobilisierungstrategien, die auf direkter Ansprache der Wähler*innen zielten. Diese Strategien waren erfolgreich, sie hörten die Wahlbeteiligung der Zielgruppe signifikant, sowohl gegenüber den Vergleichsstädten, als auch anderer Altersgruppen. „Einige Anmerkungen zum offline Kandidat-O-Mat“ weiterlesen

Wie bringt man 16 und 17 Jahre alte Menschen zum Wählen?

Warum ist die Wahlbeteiligung der 16 und 17 Jahre alten Wähler in großen Städten in Baden-Württemberg so unterschiedlich?

wahlbeteiligung
Die Daten stammen von: Städtetag Baden-Württemberg (2014): Städterückmeldungen auf Städtetagsrundschreiben R24249/2014 vom 21.05.2014. Abgerufen am 29.05.2015 unter: http://www.jbw.de/fileadmin/Bildmaterial/News/Wahlbeteiligung_der_16-_und_17-Jaehrigen_bei_der_GR-Wahl_2014.pdf

Warum gehen im gleichen Bundesland in der Universistätsstadt Freiburg ca 16 % mehr der 16 und 17 Jährigen wählen und was kann man Gemeinden raten um die Wahlbeteiligung dieser Zielgruppe zu erhöhen?

Damit setze ich mich in einem Wettbewerbsbeitrag für die Stiftung der Rechte zukünftiger Generationen auseinander, den ich zusammen mit Urs Unkauf und Philipp Oser geschrieben habe.

Wir haben uns zunächst die Aktivitäten in zwei Städten mit hoher Wahlbeteiligung (Freiburg und Esslingen) und dann die in Städten mit niedriger Wahlbeteiligung (Konstanz und Karlsruhe) angeschaut. Dabei sind unsere Grundannahmen:

1. Politische Mobilisierung kann die Wahlbeteiligung junger Menschen erhöhen.

2. Die Wahlbeteiligung junger Wähler steigt, wenn einer oder mehrere der folgenden Faktoren im Wahlkampf eine Rolle spielt/spielen:
a) Jugendpolitisch ‚relevante‘ Themen,
b) Bildungsangebote,
c) ‚Junge Kandidaten‘.

Um ein möglichst umfassendes Bild zu erhalten, wurden von uns hierzu unterschiedliche Methoden der Datenerhebung verwendet. Diese reichen von der Analyse relevanter Dokumente (zum Beispiel Wahlprogramme, Wahlberichterstattung in Print- und Onlinemedien, Wahlanalysen) über nicht-standardisierte Telefonbefragungen mit Experten aus beteiligten Organisationen, zum Beispiel von der Jugendarbeit, öffentlichen Behörden, den Parteien, Wählervereinigungen, Fraktionsmitarbeitern oder lokalen Medienvertretern. Aus der Analyse dieser Fallstudien haben wir abschließend Empfehlungen für kommunale Handlungsstrategien entwickelt, die Kommunen, politische Organisationen und die Zivilgesellschaft dabei unterstützen sollen, die Wahlbeteiligung junger Menschen zu steigern.

Deshalb meinen wir: Es scheint an einer Vielzahl von Faktoren zu liegen  und das Bemühen der ‚ganzen Stadt‘ nötig zu sein, um junge Menschen zum Wählen zu motivieren. Es ist interessant, dass in den beiden Städten mit hoher Wahlbeteiligung die maßgeblichen Träger der Mobilisierung lokale Akteure mit großer Vernetzung und vielen Beziehungen in die Zivilgesellschaft waren (vgl. Jugendbüro in Freiburg und Stadtjugendring in Esslingen).

Und ganz klar: Es ist möglich die Wahlbeteiligung junger Menschen in einer Gemeinde zu steigern!

Es liegt an den Trägern der (politischen) Jugendbildung, also den Jugendbüros der Gemeinden, der Landeszentrale für politische Bildung, den freien und verbandlichen Trägern der Jugendarbeit, eine größtmögliche Zahl junger Menschen möglichst persönlich zu kontaktieren und ihnen dabei die Bedeutung der Kommunalwahl deutlich zu machen bzw. sie zum Wählen zu motivieren.

Ein gutes Beispiel sind die vom Freiburger Jugendbüro durchgeführten Schulbesuche und Aktionstage. Dies kann mit verhältnismäßig geringen Mitteln und in Zusammenarbeit mit den Schulen geleistet werden. Der Esslinger ‚Wahlbus‘ kann ebenfalls als ein Beispiel dafür angeführt werden, wie junge Menschen mit geringem Mitteleinsatz zur Wahlteilnahme aktiviert werden können.

Foto vom Wahlaktionstag des Freiburger Jugendbüros im Rathaus. Quelle: http://16plus.freiburgxtra.de/wp-content/uploads/2014/05/JBW-Waehlen16+_2842.jpg Mehr Informationen: http://16plus.freiburgxtra.de/

Es liegt an den politischen Parteien, junge Kandidaten auf Listenplätzen zu platzieren, auf denen sie auch eine aussichtsreiche Wahlchance haben.

Es liegt dann an lokalen Akteuren aus dem politischen Umfeld (Parteien, Me-dien, Jugendverbänden, Bürgervereinen etc.), Themen, die junge Menschen inte-ressieren, öffentlich zu diskutieren.

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