Warum ich die Frauen in Schwarz für eine problematische Gruppe halte

Demonstration der „Frauen in Schwarz“

Letzte Woche wurde mir eine E-Mail weitergeleitet. Darin rief eine Gruppe, die sich „Frauen in Schwarz“ nennt, auf am Samstag 4.2.23 in Freiburg gegen den Ukraine Krieg zu demonstrieren. Eine löbliche Sache, denk man sich, erstmal.

Im Aufruf hieß es:

gegen Aufrüstung und Militarisierung protestieren und zu sofortigem Waffenstillstand und Verhandlungen aufrufen. (…) Für uns ist diese Aktionsform gut, um unsere Verzweiflung über das schreckliche Geschehen in der Ukraine und die todbringende Politik der Bundesregierung in ein wenig Handlungsfähigkeit umzusetzen.“

Frauen in Schwarz, Aufruf zur Demo am 4.2.23

Diese Formulierung verwunderte mich, so war im Aufruf keinerlei Kritik an der Politik der Russländische Föderation oder an Präsident Putin zu lesen. Die einzige konkrete Formulierung, war „todbringende Politik der Bundesregierung“.

Deshalb schrieb eine E-Mail (27.1.23) an die Gruppe und bat um Auskunft:

Mich verwundert nun ein wenig der Halbsatz: „die todbringende Politik der Bundesregierung“, nun habe ich im aktuellen Fall des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, nicht den Eindruck, dass sich die Bundesregierung in irgendeiner Weise besonders hervortut mit Waffenlieferungen und eher zurückhaltend agiert. Vielleicht könnten Sie diesen Satz ein wenig erklären?“

E-Mail des Autors am 27.1.23 an die „Frauen in Schwarz“

Darauf bekam ich von einer Person, die sich „Susanne“, nannte eine Antwort (29.1.23):

der Einsatz von deutschen Waffen und anderem Kriegsgerät in diesem Krieg führte bereits zu vielen toten und verwundeten Soldaten auf beiden Seiten sowie zu Toten und unermesslichem Leid auf Seiten der ukrainischen Zivilbevölkerung“, im weiteren folgten noch einige Phrasen: „Je mehr Kriegsgerät im Einsatz ist, je länger der Krieg dauert, desto größer wird das Risiko einer Eskalation, desto mehr verhärten die Positionen der Kriegsparteien. Wir Frauen in Schwarz stehen für das Leben – für das Leben heute wie auch für das Leben der nachfolgenden Generationen.“

Nun sind dies alles Sätze, die eben nicht aus sich heraus gelten. So ist ja durchaus denkbar, dass durch die Lieferung von genug Kriegsgerät eine Situation eintritt, in der die eine Seite einen entscheidenden Vorteil erlangt und es dann zu Friedensgesprächen kommt oder ein Konflikt auch ganz ohne Waffenlieferungen lange anhält, weil beide Seiten selbst genug Waffen haben oder herstellen können.

Da ja in dieser E-Mail auch eine Reihe von Behauptungen aufgestellt wurden und ich gerne dafür Belege oder Hinweise hätte, schrieb ich zurück (29.1.23). Schließlich wäre es ja ein Skandal, wenn mit Deutschen Waffen, die Ukraine angegriffen würde.

Ich fragte deshalb: „haben sie konkrete Berichte, wie entweder auf Seitens Russlands Deutsche Waffen genutzt werden oder wie Deutsche Waffen auf Seiten der Ukraine, die ukrainische Zivilbevölkerung töten?“

Da in der Antwort auch erwähnt wurde, dass die „Frauen in Schwarz“, eine Lösung des Konflikts anstrebten, bei der die „Sicherheitsinteressen aller beteiligten Staaten“ ernst genommen werden, fragte ich ebenfalls: „Können sie erklären, was genau die Sicherheitsinteressen der Ukraine ernst nehmen, in ihrer Meinung bedeuten würde? (…) Wäre ihren Forderungen nicht treffender an Russland gerichtet? So könnte ja die Regierung der Russländischen Föderation jederzeit den Krieg in der Ukraine beenden, indem sie ihre Truppen vom Staatsgebiet der Ukraine abzieht.“

Noch am gleichen Abend erhielt ich Antwort: „das tut mir leid, dass Sie so eine Menge weitere Fragen haben. Wir können darauf jedoch nicht weiter eingehen.“

Die Demonstration am 4.2.23

Am Samstag 4.2. beobachtete ich dann die Demonstration. 12 ältere Frauen, darunter etwa Renate Bert und auch „Susanne“ liefen im Kreis am Bertholdsbrunnen und hatten Schilder an. Daneben waren noch vier Männer, wie der ehemalige Vorsitzende des DGB Ortsvereins Freiburg Bernd Wagner.

Die Gugge gegenüber

Gegenüber spielte eine Fasnacht Blaskapelle und irgendwie war das ganze kaum als Kundgebung zu erkennen. Immer wieder liefen Passanten durch die Demo und schienen kaum Notiz zu nehmen.

Ich versuchte dann mit Susanne zu diskutieren, sagte dass ich auch Probleme habe eine Gruppe ernstzunehmen, die nicht mal einfache Fragen beantworten kann, die sich ja bei so einer Demo auftun. Darauf gab es keine Antwort. Man überlege sich seit einem Jahr, was man unternehmen könne und habe sich jetzt für diese Aktionsform entschieden.

Dabei wurde auch ein Handzettel verteilt, der zwar die 100 Mrd für die „Zeitenwende“ kritisiert und allgemein „den Krieg“, aber wenig Konkretes enthält.

Handzettel der verteilt wurde

Die Personen und der Aufruf klingen zwar durchaus ähnlich wie die Querdenker, die am Samstag ab 14:00 demonstriert haben, aber sie sind nicht Personenidentisch. Es handelt sich hier, nach meiner Einschätzung, um ältere, teils auch Friedensbewegte Frauen (und Männer), die eine Aktionsform von früher aufleben lassen, die aber auch in ihrer Analyse irgendwann so gegen 1988 stehen geblieben sind. Hier scheint auch eine gewisse Priese Antiamerikanismus und Orientalismus gegenüber der Ukraine ursächlich eine Rolle zu spielen.

Mir ist eine „Friedensdemo“ suspekt, bei der nicht klar benannt wird, wer verantwortlich für den Krieg ist: Die Russländische Föderation und ihr Präsident. An diesen sind klare Forderungen zu richten. Eine Demonstration, die sich das nicht traut oder im sprachlichen Raunen verbleibt, stellt sich auf die Seite des Aggressors.

Addendum:

Verteidigungsausgaben der Bundesrepublik Deutschland, seit Gründung der Bundeswehr (Grafik: BMVg, veröffentlicht in: Europäische Sicherheit & Technik 6/2019)

Military spending, percent of GDP, Germany,
SourceStockholm International Peace Research Institute

So ganz Schwurbelfrei scheint die Gruppe nicht zu sein. Ich konnte eine Unterhaltung zwischen einem Mitglied der Gruppe hören und einer Passantin, in der sich beklagt wurde, das sich das Friedensforum so stark fürs Impfen eingesetzt habe und man das irgendwie dem „Druck der Regierung“ zuschrieb.

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