Wohin ver.di Ortsverein Freiburg?

Seit Ausweitung des russischen Angriffskriegs auf die gesamte Ukraine, fällt der ver.di OV Freiburg und DGB Ortsverein durch befremdliche Positionierungen auf. Zunächst ein Jahr donnerndes Schweigen zur Situation, auch vorher gab es keine Positionierung zur russischen Annexion der Krim oder den Überfall auf den Donbass.

2023 war dann im vom Verdi Ortsverein unterzeichneten Aufruf zu einer “Friedensdemonstration” noch zu lesen: “Wir verurteilen den russischen Angriffskrieg, an dem der Westen jedoch eine Mitverantwortung trägt. Inzwischen ist dieser Krieg zu einem Stellvertreterkrieg Russland-USA-Nato eskaliert”

Anlässlich des diesjährigen (2024) Ostermarsch, war im mit unterzeichneten Aufruf weder Kritik an Putin, Russland noch der Hamas zu lesen, aber die Forderung nach Auflösung der NATO und das Ende von NATO Manövern in der Nähe Russlands. Darauf angesprochen begründete das Friedensforum, das in Teilen personenidentisch ist mit dem ver.di Ortsverein den Verzicht auf Kritik mit Platzgründen.

Auch eine klare Abgrenzung zu Querdenken fehlt in diesem Bereich. Inhaltlich erscheint die Ausrichtung beim Thema ähnlich. Auch gibt es Überschneidung zu den Positionen, die die AfD bei diesem Thema vertritt. In der Öffentlichkeit bleibt häufig unklar ob eine Position von der Friedensbewegung, dem Ver.di / DGB Ortsverein vertreten wird. 

In das Gewerkschaftshaus, aber auch auf Kundgebungenwurde mindestens ein Referenten eingeladen, der den. sog. “Euromaidan” als westlichen Putsch darstellte und behauptete  “der Westen” sei Schuld am Ukrainekrieg. 

Querdenker mit blauen BUND Friedensfahnen auf Kundgebung

Sicherlich gibt es in und an der Ukraine vieles zu kritisieren, aber genau das ist in der Ukraine möglich, dort gibt es eben freie Gewerkschaften und eine freie Presse und einen Staat, der die Regelungen der Europäischen Menschenrechtskonvention ernst nimmt. 

Es dürfte klar sein: Sollte Russland über die Ukraine siegen, Teile oder das ganze Land besetzen, dann wird es dort weder freie Gewerkschaften geben, noch Klimaschutz oder Demokratie. Die jeweils in befreiten Gebieten entdeckten Massaker russischer Truppen sprechen für sich. Russland fördert massiv in Europa rechtsextreme Parteien, wie die AfD und andere anti-demokratische Kräfte, die Arbeitnehmerrechte in Frage stellen.

Diese stehen im Gegensatz zu nahezu der gerammten Osteuropaforschung und der Beschlusslage des DGB: „Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften fordern die russische Regierung auf, die Kämpfe endlich zu beenden und die territoriale Integrität der Ukraine durch den Rückzug ihrer Truppen wiederherzustellen.“

Eine Position sollte aber stets die absehbaren Folgen einer ukrainischen Niederlage für die europäische Sicherheit in ihrer Risikoabwägung einbeziehen.

Vor allem die militärisch exponierten östlichen NATO/EU-Mitglieder gehen davon aus, dass Russland nur Stärke versteht, und schließen daraus, sie hätten bei „vorsichtigen Risikomanagement“ mehr zu verlieren als zu gewinnen.
Russland wird auf absehbare Zeit eine Bedrohung für die europäische Sicherheit bleiben, weil das Regime Putins seinen anti-westlichen Kurs zu der zentralen Rechtfertigung seiner Existenz und seines Herrschaftsanspruchs gemacht hat. Davon wird der Kreml nicht ohne Weiteres abrücken.

Aktuell ist nicht möglich, mit Russland über Auswirkungen des Klimawandels zu reden. Auch die sicherheitspolitischen Implikationen des Klimawandels sind gewaltig und für die europäischen Länder zu Recht ein wichtiges Thema. Gerade mit einer fossilen Macht wie Russland müsste ein konstruktiver Dialog stattfinden.

Schon vor der Vollinvasion 2022 waren für Putin Klimaschutz im besten Fall von marginalem Interesse. Russland hat derzeit schlicht kein Interesse an einer Kooperation in der Klimapolitik, auch weil Russland im Rahmen der Geopolitik der Energiewende aggressiv fossile Interessen vertritt.

Aber als Gewerkschaft sollte man sich solidarisch Zeigen und eine solche einseitige Positionierung, die defacto eine Parteinahme für den Angreifer ist und damit ein protofaschistisches, imperalistisches, revisionistisches Regime darstellt, unterlassen. 

Update: Im Nachgang haben mir zahlreiche Personen mitgeteilt, dass sie diese Positionierung des verdi OV nicht teilen und überlegen sich, wie sie sich verhalten wollen.

Entdecke mehr von Sebastian Müllers Blog

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen