Diana Stöcker: Abgrenzung zu Maaßen nur „wenn es rechtlich relevant wird“

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der Landespolizeirabbiner, Diana Stöcker, die Justizministerin

Am 17.08.21 fand in Bad Korzingen, organisiert von Diana Stöcker, die „DialogWERKSTATT „Antisemitismus“ mit Justizministerin Marion Gentges (MdL), Rabbi Flomemann und dem Baden-Württembergischen Polizei Rabbiner, statt. Grundsätzlich scheint Antisemitismus ein Thema für Frau Stöcker zu sein, so hat sie auch im Wahlkampf die Lörracher Synagoge besucht und sich dabei egen Rassismus, Antisemitismus und Hassrede ausgesprochen.

Da ich sowieso gerade in Bad Korzingen war, dachte ich, ich gehe hin. Und fand das war eine ganz spannende Veranstaltung. Das Publikum wie immer bei solchen Parteiveranstaltungen, war eher 50+ und sah auch so aus, als ob sie durchaus CDUnah oder sogar CDU Mitglied seien. Spannend waren etwa die Nachfragen, ob es mehr antisemitische Straftaten durch geflüchtete gäbe, was aber die Landesjustizministerin verneinte.

Ich fragte dann zum Verhältnis, das sie habe zu den Äußerungen von Hans-Georg Maaßen. Da kam sie dann ins drucksen und hatte keine klare Position. Zum einen war die Aussage, das sie nur wisse was über Maassen in der Badischen Zeitung stünde und sich damit bisher noch nicht näher befasst habe. Schon das finde ich bemerkenswert, da man ja davon ausgehen kann, dass eine Bürgermeisterin (in dem Fall Beigeordnete), durchaus neben der Badischen Zeitung noch weitere Zeitungen liest, etwa die Stuttgarter Zeitung um sich gerade für das für Kommunen doch bedeutende landespolitische Geschehen, besser zu informieren.

Ich fragte dann noch mal nach. Herr Maaßen nutzt antisemitische Codes. Sehr schön erklärt, dass der Volksverpetzer:

Dazu muss darauf hingewiesen werden, dass Antisemitismus nicht erst beim ausgesprochenen, expliziten Hass gegen Juden anfängt. Antisemitismus zeigt sich in vielen Facetten und ist subtil, ja er kann sogar ohne die explizite Erwähnung von „Juden“ funktionieren, und wird meistens codiert. Verschwörungserzählungen sind im Kern meistens antisemitisch, indem eben die strukturelle Erzählweise übernommen wird: (…)
Und jetzt ersetzen wir einfach Juden durch andere Gruppen: Mächtige in Politik und Wirtschaft. Egal ob „NWO“ (New World Order) oder „Great Reset“, „Globalisten“ oder „Eliten“, immer geht es darum, dass Reiche und Mächtige den Rest der Welt unterdrücken wollen, egal ob durch „chipping“, Corona-Maßnahmen, Schutzsuchende oder ähnliches. Was passiert also im strukturellen Antisemitismus? Die Erzählung bleibt dieselbe: Es gibt böse Mächte und die müssen weg, dann geht es allen gut.

Volksverpetzer: Faktencheck Neubauer: Maaßen teilt wirklich antisemitische & rechtsextreme Inhalte

Ich habe das auch ausgeführt, sowohl in der Frage, als auch in einem Gespräch danach. Frau Stöcker schien das mit den Codes nicht zu kennen und meinte dann ein Code könne ja immer auch etwas anderes bedeuten.

Quelle: Volksverpetzer

Und gerade da wird es spannend: Selbst die CDU Konrad-Adenauer-Stiftung selbst erklärt, dass „Globalismus“ eine rechtsextreme „dog whistle“ sei, der sich auch antisemitischer Chiffren bediene. Sie werde sich dem dann entgegen stellen, wenn es rechtlich relevant ist. Der Einwand, dass es ja schon Antisemitismus gäbe vor der Strafbarkeit schien da nicht zu ziehen.

Ich habe ihr bzw. ihrem Team, dann am 21.8. mal eine E-Mail geschrieben:

Ich hatte Sie so verstanden, dass Sie sich dem entgegenstellen würden, wenn die Äußerungen etwa zu Ermittlungen wegen Volksverhetzung oder anderer Propagandadelikte führen würden.

Es dürfte aber unstrittig sein, das antisemitische Äußerungen nicht erst problematisch sind, wenn sie die Schwelle der Strafbarkeit – die im Rechtsstaats mit seinen Garantien zur Meinungsäußerungsfreiheit hoch liegt – überschritten sind.

Ich kann mich ja bewußt entscheiden, gerade solche verbotene Dinge nicht zu sagen, aber denn dennoch sehr deutlich machen, was ich ausdrücken will. Das dürfte Ihnen als Politikwissenschaftlerin und Germanistin, beides Fächer die sich mit Analyse von Sprache und Diskursen beschäftigen, klar sein. So wie man etwa in der Bibel an vielen Stellen sexuelle Handlungen und Vergewaltigung sehen kannt oder wie man auch die Ballade “Der Erlkönig”, als eine Erzählung über Vergewaltigung gelesen werden kann, diese aber nicht explizit erwähnt wird.

So gibt es auch einige sehr bekannte Rechtsextreme Codes (https://www.kas.de/de/web/rechtsextremismus/rechtsextreme-codes), die eigentlich keine andere Interpretation zulassen – besonders nicht wenn man mehrere nutzt und wenn es jemand tut, der sich jahrelang beruflich mit diesem Thema befasst hat.

Immerhin wird der Präsident des Thüringischen Verfassungschutzes zitiert:
Das sind für mich klassische antisemitische Stereotype, die benutzt werden bei Herrn Maaßen, wenn man die Summe aller Dinge zusammennimmt, auch auf den unterschiedlichen sozialen Plattformen, aber auch in eigenen Reden. Da gibt’s eigentlich nichts Entlastendes mehr zu bemerken. Er nutzt antisemitische Stereotype, um auf Stimmenfang zu  gehen. Und ich glaube, als solches muss man es auch einfach bezeichnen“, so Kramer im Interview mit dem ARD-Politikmagazin Kontraste.
https://www.tagesschau.de/investigativ/kontraste/maassen-antisemitismus-101.html

Im Cato Aufsatz (https://cato-magazin.de/aufstieg-und-fall-des-postnationalismus/) kommt dann auch der Begriff “Globalisten” vor. Dieser steht laut Konrad-Adenauer-Stiftung für „Im von Rechtsextremisten international verstandenen Code, schreiben die Politikwissenschaftler Thomas Grumke und Andreas Klärner, „sind ‘Globalisten’ auch ‘Ostküste’, ist der ‘Globalismus’ auch ‘New World Order’ (NWO), und sind die in diesem ‘Globalisierungsplan’ verwickelten Regierungen und Eliten auch ‘Zionist Occupied Government’“.”
Also ein sehr klare Chiffre für Juden und somit aus meiner Sicht eindeutig Antisemitisch. (siehe
https://www.kas.de/de/web/rechtsextremismus/was-verstehen-rechtsextremisten-unter-globalismus-)

Daneben hantiert er eben mit bestimmten rechtsextremen Codes um den Namen von Annalena Baerbock. (https://www.volksverpetzer.de/analyse/maassen-baerbock-tweet/)

Dabei ist er halt so klug, diese Verschwörungsmythen zu kodieren und eben nicht offen zu verbreiten. Etwa die Verschörungerzählung vom Great Reset: „Eine globale Finanzelite plane ein Zurücksetzen der derzeitigen Weltwirtschaftsordnung, bezeichne dies als „The Great Reset“ und nehme als Begründung dafür die Covid-19-Pandemie her (mehr dazu). Einige Verschwörungsideolog:innen implizieren, die „globale Finanzelite“ sei von „Juden kontrolliert“ (Quelle). Der Begriff selbst macht natürlich noch keinen Antisemiten, aber Maaßen verbreitet die Darstellung, damit sei ein Plan von Eliten gemeint, den er hier und hier kritisiert als „Kriegserklärung“ gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung”
https://www.volksverpetzer.de/analyse/neubauer-maassen-antisemitisch/

Auch der Begriff und das Verfahren Hundepfeifen-Politik, dürfte ihnen wahrscheinlich bekannt sein. Es „bezeichnet in politischen Aussagen die Nutzung einer Sprache, die je nach Publikum unterschiedlich verstanden wird.Es handelt sich um eine Form von codierter Sprache, die es erlaubt, eine versteckte Bedeutung in Aussagen einzubetten, die nur die eigene Anhängerschaft versteht bzw. erkennt. Auf diese Weise kann eine Aussage eine in der Regel unverfängliche Bedeutung für nicht eingeweihte Hörer haben, aber eine völlig andere für die eigenen Anhänger.” https://de.wikipedia.org/wiki/Hundepfeifen-Politik

Ich persönlich finde, Sie sollten sich als Bürgermeisterin und Bundestagskandidatin aus mehr als der Badischen Zeitung über das (bundes-)politische Tagesgeschehen informieren und nicht in einer Diskussion über Antisemitsmus darauf abhebe, dass sie sich bisher nicht mit Herrn Maaßen ausreichend beschäftigt haben oder ihm nicht auf twitter folgen. Was ich im übrigen auch nicht tue. Wenn man allerdings anschaut, wer es tut, dann würde ich aus meiner beruflichen Perspektive auf eine rechte twitter Blase schließen.

Ich würde mir von ihnen dazu gerne ein klares Statement wünschen, dass vielleicht diese Fragen klärt:

1. Halten sie das Verhalten von Herrn Maassen für problematisch?
2. Halten sie seine Äußerungen für Antisemitisch?
3. Hat eine Person die sich wiederholt so äußert einen Platz in der CDU Bundestagsfraktion?

Eine Antwort habe ich darauf bis heute 15.9. nicht bekommen.

Ich bin mir jetzt nicht sicher, ob sich Frau Stöcker mit dem Thema einfach nicht beschäftigt hat. Nicht beschäftigen will oder bewusst vermeidet sich in die eine oder andere Richtung zu positionieren. Als Politikwissenschaftlerin sollte sie sich aber mit entsprechenden Konzepten auskennen.