Betreff: Euer Protestcamp auf dem Dietenbach Gelände
Liebe Rebell(en*innen),
mit etwa Amüsement habe ich euer Protestcamp an der B3 auf dem Dietenbachgelände zur Kenntnis genommen. Amüsiert deshalb, weil ihr aus meiner Sicht nicht zu den anderen Leuten, die gegen die Bebauung von Dietenbach protestieren passt. Da wäre zum einen das häufig rechtspopulistisch agierende „Freiburg Lebenswert“ und die Freiburger AfD, dass die AfD rechtsextrem und in Teilen verfassungsfeindlich ist, muß ich euch glaube ich nicht erklären. Schon seltsam, sich als (weit) linke Gruppierung mit AfD und Freiburg Lebenswert gemein zu machen. Dass ihr damit den Anhängern der absurden „Hufeisen Theorie“ Argumente liefert, wißt ihr vermutlich selber

Noch schlimmer finde ich aber, das in eurem Protestaufruf und Flyer Sachen stehen, die nicht so ganz zutreffen. Ich möchte das im folgenden anhand einiger Beispiele Aufzeigen:
„Das Dietenbachgebiet bei Freiburg im Breisgau umfasst zirka 170 Hektar Land“
Protestaufruf von Rebel
Der geplante Stadtteil, also die Entwicklungsmaßnahme umfasst 78 Hektar.
„und beherbergt zahlreiche Höfe (…) Im Dietenbachgelände befinden sich zahlreiche Landwirte, die hier ihre Existenzgrundlage haben“
Protestaufruf von Rebel
Auf dem Gelände ist kein einziger Hof mit seinen Gebäuden. Auf dem Gebiet wirtschaften 12 Landwirt*innen, 8 davon auch auf Eigentum, die anderen ausschließlich auf Pachtland, davon ein Ökobauer. Bereits jetzt hat die Stadt 39 Hektar als Ersatzfläche und ist gerade dabei 4 Hektar zu kaufen.
„Die Stadt wie auch die Sparkasse versuchen, sie mit betrügerischen Angeboten abzuspeisen,“
Protestaufruf von Rebel
Die Stadt hat den Landwirten Angebote für Ersatzflächen gemacht. Würde die Stadt enteignen bekämen die Landwirte 12 EUR pro Quadratmeter. Dank einer cleveren Konstruktion mit der Sparkasse jetzt 64 EUR pro m2. Die Verträge sind so gestaltet, das jeder das gleiche bekommt, daher handelt einer mehr raus, bekommen die anderen auch einen Aufschlag. Was daran betrügerische sein soll, außer Polemik verstehe ich nicht. Zudem die Stadt von der Differenz zwischen den 64 EUR/m2 und dem Verkaufspreis für Grundstücke – so sie denn welche verkauft – auch noch die gesamte Infrastruktur finanzieren will.
„Denn um das Gelände überhaupt erst bebaubar zu machen, müsste es erst um 3 Meter aufgeschüttet werden, hierzu wären rund 360.000 LKW-Ladungen Erdmaterial nötig,“
Protestaufruf von Rebel
Selbst Freiburg Lebenswert spricht „nur“ von 150.000 LKW-Ladungen. Übrigens gibt es in der Region einen großen Bedarf an Erdaushubdeponie Flächen, etwa um das Material aus der Tieferlage des 3-+4. Gleises zu lagern. Wenn man es clever macht, dann kann die Aufschüttung bei Dietenbach sogar weitere Fahrten vermeiden. Aushub zu deponieren kostet übrigens Geld, daher hier kann die Stadt sogar Geld einnehmen.

„und es müsste ein Rückstaubecken mit einem bis zu 14 Meter hohen Staudamm angelegt werden.“
Protestaufruf von Rebel
Der Dammbau im Bohrertal wäre auf jeden Fall notwendig, da ein sogenanntes 100 jähriges Hochwasser, nicht nur einen möglichen Stadtteil Dietenbach beträfe, sondern auch Günterstal, Wiehre, Haslach und Weingarten und auch in diesen Bereich nichts neues mehr gebaut werden dürfte! In Deutschland herrscht Bauverbot in Überschwemmungsgebieten, daher nichtmal eine neue Garage dürfte da gebaut werden – auch keine Nachverdichtung. Die Kosten dafür belaufen sich auf 17,8 Mio EUR.
„Spekulanten aus Nah und Fern gieren bereits nach dem Gelände.
Protestaufruf von Rebel
Damit ich mit einer Sache spekulieren kann braucht es vor allem eines: Knappheit und die Erwartung einer zukünftigen Preisänderung. Genau dieser Knappheit wirkt der Bau von Dietenbach mit neuen Angeboten, davon 3250, also der Hälfte, geförderten Wohnungen entgegen. Die Grundstückspreise sind zwischen 680 und 820 €/m² kalkuliert. Nirgendwo in Freiburg ist erschlossenes Bauland derzeit so günstig. Bezahlbarer Wohnraum ist bei diesen Grundstückspreisen sehr gut möglich.
Auf die Spekulation kann man den Knopf drauf halten, indem man etwa wie in Gutleutmatten genau die Ausschreibungen für die Grundstücke kontrolliert, dafür sorgt das Stadtbau, Sudierendendenwerk und Genossenschaften (alte und neue) zum Zug kommen, Sozialbindungen auf bis zu 60 Jahre ausgedehnt werden und man das Land in Erbpacht hält.
Diese ganze Sozialbindung gibt es übrigens nicht, bei Dachausbauten oder Aufstockungen. Selbst wenn man die zahlreichen Hürden, die es beim Dachausbau überwindet, aufschlußreich ist etwa die Aufzählung von Herr Löser: Eigentümergemeinschaft muß einstimmig zustimmen, Stadt kann nicht verpflichten, sozialer Wohnungsbau entsteht nicht, statische Tragfähigkeit des Gebäudes nicht immer gegeben, Rettungswege ggf. mit Wegfall Parkplätze, keine Stellplätze, Belastung für die Bewohner während der Bauzeit, usw. – wird dies nicht geforderte Anzahl von Wohnungen bringen. Solche mit Sozialbindung schon gar nicht.
Bei Karl Marx und Friedrich Engels hat mich die Analyse der Verhältnisse beeindruckt, die beruhte auf einer genauen Kenntnis der Zustände, diese vermisse ich hier und lese nur holzschnittartige Parolen. Ihr gebt euch einer linken Wiederstandsfolklore hin, während anderswo arme Menschen unter Wohnungsnot leiden und macht keine Vorschläge, wie man diese lösen könnte.
Für Rückfragen stehe ich unter den oben genannten Kontaktmöglichkeiten gerne zur Verfügung und verbleibe mit freundlichen Grüßen.
Euer Sebastian Müller
Hallo Sebastian Müller,
vielen Dank für Ihre immer wieder informativen Beiträge, unter anderem auch zum Stadtteil Dietenbach. Ich beschäftige mich seit Monaten mit dem Pro und Contra des neuen Stadtteils.
Bei den Gegnern des Stadtteils stoße ich immer wieder auf falsche Aussagen. Leider mache ich die Erfahrung, dass diese Unwahrheiten geglaubt werden. Die Gegner des Stadtteils können sich leider sehr gut verkaufen.
Der Klimawandel findet statt, aber nicht wegen ca. 100ha Ackerland/wenig Wald. In da. 10 Min. wird Regenwald dieser Fläche abgeholzt. Unter dem Deckmantel des Umwelt-/Klimaschutzes wollen diese „Retter“ einen klimaneutralen, gut durchdachten Stadtteil zu verhindern. Wie soll man mit solchen Menschen den Kohleausstieg schaffen? Der Stadtteil hätte schließlich auch weltweit Vorbildcharakter, immerhin sind wir noch bekannt als „Green City“.
Hoffentlich erreichen Sie noch viele Menschen,
Beate Schmitt