Empört über die Bevorstehende Abschaffung der Grillstellen auf der Sternwaldwiese habe ich folgenden Leserbrief an die Badische Zeitung gerichtet:
Betreff: Artikel Sternwaldwiese: Grillstellen werden entfernt von Frank Zimmerman in Badische Zeitung vom Mi, 04. Juli 2012
Sehr geehrte Damen und Herren,
Die Sternwaldwiese ist ein wichtiger sozialer Treffpunkt für Menschen in Freiburg. Immer häufiger werden in Freiburg zwanglose, unkommerzielle Treffpunkte für Kinder, Jugendliche und Erwachsene jeden Alters aufgrund von Klagen der Anwohner geschlossen. Häufig sind diese Klagen nicht in exzessivem Lärm oder Belästigung begründet, sondern immer mehr von einem tyrannischen Bedürfnis nach Friedhofsruhe.
Dieses Ruhebedürfnis mag möglicherweise in St. Peter zu stillen sein. Wer jedoch die Vorzüge einer Großstadt, wie Theater, Universität und Einkaufsmöglichkeiten nutzen will, der muss auch mit den Begleiterscheinungen wie Kinderlärm, Festen und Feierlichkeiten leben lernen. Dafür braucht es urbane Kompetenz und Toleranz.
Noch schlimmer als eine Stadtverwaltung die sich zum Büttel der Antisozialen Anwohnerinteressen macht und damit die Lebensqualität aller zugunsten weniger senkt – ist jedoch das Schweigen unserer gewählten Gemeinderatsmitglieder, die teils explizit mit Wahlprogrammen angetreten sind, Freiräume für Jugendliche und Kinder zu erhalten und Auszubauen.
Sebastian Müller, Altstadtrat Junges Freiburg,
Weitere Infos zur Unterschriftenliste und der Facebookgruppe die sich zum Erhalt der Sternwaldwiese gebildet hat.
Ebenso erreichen mich Zuschriften empörter Wiehrebewohner, zu diesem Thema:
Guten Tag,
relativ emotionslos berichten Sie am 4.7.2012 darüber, dass auf der Sternwaldwiese die Grill- und Feuerstellen abgebaut werden und offenes Feuer künftig verboten sein wird. Es klingt aus Ihrem Bericht, als handele sich um eine unumgängliche Entscheidung von Bürgerverein und Stadtverwaltung, zu der es keine Alternative gibt und die vom Stadtteil und allen Anwohnern begrüßt werde. Es werden auch keine kritischen Stimmen zitiert.
Für viele Bewohner des Stadtteils Wiehre aber und für zahllose FreiburgerInnen, deren Interessen kein „Bürgerverein“ vertritt, ist diese Entscheidung der Stadtverwaltung ein Schlag ins Gesicht und markiert das Ende der Sternwaldwiese. Die Sternwaldwiese ist einzigartig: sie ist stadtnah und naturnah, sie ist sozial- und altersgemischt und ermöglicht viele unterschiedliche Freizeitaktivitäten. Das offene Feuer ist die besondere Attraktion und ermöglicht eben diese Mischungen. Wer einmal an einem warmen Sommerabend ein großes Feuer langsam abbrennen sieht und die kleinen Feuerstellen auf die Wiese beobachtet, in die Ferne blickt, die üppigen Bäume, die Umrisse der Kirche und dahinter die Weinberge sieht, die aufkommende Feuchtigkeit der Wiese spürt und das Sprechen und Lachen der anderen Gruppen hört – weiß dies zu schätzen und wird nun untröstlich sein.
Die Sternwaldwiese ist Teil einer Kultur der Offenheit und Durchlässigkeit, die so lange als typisch für Freiburg galt. Diese ist aber wohl schon längst zum Mythos geworden. Eine Minderheit von Anwohnern hat sich nun mit ihren Interessen gegenüber einer breiteren Öffentlichkeit durchgesetzt. Die Einschränkungen auf der Sternwaldwiese werden, wie laut Artikel auch gewünscht wird, dazu führen, dass weniger Menschen die Wiese nutzen. Eine sozial gemischte Öffentlichkeit mit einer lauten und manchmal an Disziplinlosigkeit angrenzende Freizeitkultur wird den bürgerlichen Stadtteil Wiehre nicht mehr beunruhigen und verunreinigen.
Die BZ hat viel über die Auseinandersetzungen berichtet, es sind im Vorfeld viele Gespräche gelaufen. Ich aber frage mich: wie sind die NutzerInnen der Sternwaldwiese in die Gespräche einbezogen gewesen, wie viele und welche Anwohner fühlen sich denn überhaupt belästigt und was gibt es hier an Fakten: Messungen, Grenzwerte, Zahlen der Beschwerden. Darüber war bislang wenig zu erfahren. Ich frage mich zugleich, konnten hier nicht andere Formen des Dialogs oder der Lösung entwickelt werden. Die Stadt arbeitet mit Beteiligungshaushalt, Jugendgipfel und anderen Formen der Bürgerbeteiligung partizipativ – aber da, wo Konflikte bestehen und Partizipation wirklich nötig wäre, ist von dieser Experimentierfreudigkeit wenig zu spüren. Es gab ja Vorschläge, auf die NutzerInnen in Richtung Verwendung von Brennholz etc. einzuwirken.
Es scheint, Jugendbeteiligung und Partizipation werden inszeniert und in realen Konflikten wird Jugend und Partizipation umgangen, es reden und entscheiden letztlich Stadtverwaltung und parteiische Bürger nach ihren eigenen Interessen. Nun ist damit ein Freiburger Juwel angekratzt worden und wird seinen Glanz verlieren.
Freiburg i.Br. 5.7.2012 Nausikaa Schirilla
Ich kann nur spekulieren über die seelischen Wunden derer, die friedlich feiernde Menschen als unerträgliche Belastung empfinden. Ich wünsche den Bestrebungen zum Erhalt der Sternwaldwiese viel Erfolg. Meine Einschätzung: Überlasst die Mediation nicht den Politikern, sondern sucht selbst die AnwohnerInnen auf und versucht, ihre Bedürfnisse und Gefühle in Erfahrung zu bringen und eine kreative Lösung zu erreichen.