Warum wurde Dieter Salomon nicht wiedergewählt? Welche Lehren sollte man daraus ziehen?

Langsam war etwas mehr Zeit zum Nachdenken und ich will hier einige Punkte präsentieren, die aus meiner Sicht zur Abwahl von Dieter Salomon geführt haben. Auch innerhalb der anderen Wahlkampf Teams hatte man damit eher nicht gerechnet, auch wenn man as im Nachhinein natürlich irgenwie anders sieht  und jetzt jeder an seinem Narrativ arbeitet. Im Stein-Umfeld, wo man Martin Horn sehr abgeneigt war, und jetzt etwa: „Wahlziel Salomon stürzen erreicht“ ventiliert. Obwohl der Wahlkampf vom Team Stein etwa daraus bestand, bei Papa Salomon soziale Zugeständnisse rauszuholen.

1. Gegenseitige Abnutzung

16 Jahre sind eine lange Zeit, in dieser gewöhnen sich Bürger_innen und Politiker_innen in einer gewissen Weise aneinander, aber daran liegt auf die Gefahr überdrüßig zu werden. Was am Anfang als frech, direkt und erfrischend wahrgenommen wird, wird dann vielleicht als besserwisserisch und arrogant wahrgenommen.

Sicher wirkte Dieter Salomon gelegentlich arrogant. Häufig lag das aber auch daran, das ihm Leute auf einer eher uniformierten und auch beleidigenden Art und Weise „anlaberten.“ Ich war da gelegentlich dabei und dachte mir: „krass wie er da so ruhig bleibt.“

Getreu dem Motto: Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.

2. unempathische Kommunikation

Daneben hatte er eine wenig emphatische Art auf Dinge einzugehen, eigentlich eine ehrlische Art, wenn man es positiv Sehen will. Iin gutes Beispiel war der Erzieher der ihn auf einer Veranstaltung ansprach und berichtet in München würde ein 200 Euro “München Bonus” für Erzieher_innen gezahlt. Dieter Salomon wies faktisch richtig darauf hin, das wenn “er” (nicht die Stadt, er) damit anfange ihm dann die Umlandbürgermeister aufs Dach steigen. Und gegenseitige Kanibalisierung keine Lösung sei. Außerdem wo blieben dann andere Berufsgruppen?

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Rational alles richtig. Emotional hat er diesen jungen Erzieher nicht mitgenommen. Da wäre es sinnvoller gewesen, erstmal zu sagen: “Toll, das sie als Mann sich für diesen Beruf entschieden haben, das brauchen wir, ich verstehe warum sie das fragen, bitte verstehen sie…”

3. eine große Selbstsicherheit

Noch zu Beginn des Jahres, als Martin Horn bereits mit dem Wahlkampf anfing, absolvierte Dieter Salomon eine Reihe von Neujahrsempfängen und wurde da durchgehen gelobt. Bürgervereinsvorsitzende riefen zu seiner Wahl auf und selbst innerhalb der SPD dachten einzelne ihr Kandidat gehöre in die Kategorie C. Dieter Salomon konnte auf eine Reihe erfolgreicher und laufender Projekte zurückblicken: Straßenbahnausbau, Platz der Alten Synagoge, Schulsanierungen, …

Diese große Selbstsicherheit wurde innerhalb der eigenen OB Blase immer wieder bestätigt. In der Regel geht ja auch kein normaler Mensch in den ersten Monaten eines Wahlkampfs hin und sagt „Dich Arsch, wähle ich nicht.“

Dieter Salomon blieb im Rathaus und regierte, dieses Regieren mit den Terminen die dazu gehören: Eröffnungen, Spatenstiche, etc… erreichte dann auch das BZ Publikum, aber auch nur das. Etwa keine Studierenden oder die 2/3 Menschen die keine Zeitung im Abo haben und auch keine Gratiszeitung im Briefkasten.

4. lahmer Wahlkampf

Vor dem ersten Wahlgang lief der Wahlkampf wie eine lahme CDU Kampagne, die bewußt spät startete. Mobilisierung der Grünen Partei, ob nun Freiburger Mitglieder oder Promis gab es nicht. Auch die Überparteiliche “Stimmen für Salomon” Initiative hatte wenig Elan. Gute Ideen aus der Grünen Partei und des eigenen Wahlkampfmanagers wurden ignoriert.

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Das kam dann zu spät.

Dazu fehlte auch nahezu völlig sich bei Studierenden vorzustellen, obowohl die durchaus eine potente Wählergruppe sind.

5. Verzicht auf Onlinepräsenz

Der Social Media und Real Life Omnipräsens, vom Platz der alten Synagoge über irgendwelche Silent Disco Veranstaltungen, hatte er nix entgegenzusetzen. Das sind ja auch kurze Begegnungen bei denen eben nicht rauskommt, das Martin Horns Wahlkampf eher unpolitisch und mehr ästhethisch war, weil sich viele Menschen gar nicht so profund damit beschäftigen, sondern ein kurzes Bild in der Timeline sehen, mit einem netten Beitrag: Bingo!

Bei Dieter Salomon wurde nahezu vollständig auf Onlinemedien zu verzichtet. Sicherlich weil der Kandidat damit nix anfangen konnte. Instagram kam erst ab dem zweiten Wahlgang, Facebook Werbung auch. Von einer völlig statischen und Interaktionsfreien Website mal abgesehen.

6. Keine Vorstellung kommuniziert

Was bis zu letzt gefehlt hat, war die Vision oder ein Vorschlag warum er nochmal 8 Jahre Oberbürgermeister sein will. Klar, wenn ich 16 Jahre OB bin und dann sage: In den nächsten 8 Jahren wil ich: X, Y, Z, machen dann muß ich immer erklären warum ich das in den letzten 16 Jahren nicht geschafft habe. Aber es hat völlig gefehlt: Wohin wolltest du uns mitnehmen? Was Dieter Salomon’s Plan, Idee oder Vision für und von Freiburg. Als Gründer kann man dazu viel sagen. Ich habe das versucht in einem Flyer zu fassen, der dann leider nie verteilt wurde.

7. Zum Unglück kam dann noch Pech dazu

Bis so eine Straßenbahnausbau da ist, braucht es Baustellen. Und so eine erfolgreiche S-Bahn von Breisach nach Titisee, bringt dann auch erstmal Schienenersatzverkehr und verstopft enge Straßen an Tagen mit hohem Verkehrsaufkommen. Das verstärkte dann noch mal diese: Verkehr bricht Zusammen, alles Scheiße Logik.

Die Vorstellungsrede im Konzerthaus empfand ich als schlecht.

Teil II: Welche Lehren sollte man daraus ziehen?

Für mich bedeutet das jetzt:

  • Sozialen Medien, besonders Instagramm und Facebook kommt eine sehr wichtige Rolle auch in der Kommunalpolitik-Kommunikation zu. Diese Angebote sind auszubauen.
  • Es müßen neue Öffentlichkeiten „der Straße“ geschaffen werden, daher Öffentlichkeiten die es nicht gibt. Alleine über die Zeitung das Kommunalpolitikinteressierte Publikum zu erreichen reicht nicht.
  • Vielleicht auch für die Grünen, mehr Themen des Herzens als nur rationale Themen zu machen.

Einer der großen Gewinner aus diesem Wahlkampf ist übrigens Monika Stein. Sie hat sich als seriöse Politikerin etabliert, der irre Teil der GAF ist weg und sie kann jetzt quasi das Modell „Liste Sebastian Kurz“ im Linken Teil des Freiburger Wählerspektrums fahren. Auch wenn das sicher „Bündniss …“ heißen wird. So linke Sachen, heißen ja immer Bündnis. Das bedeutet, das es vielleicht auf Kosten von Junges Freiburg und der Linken Liste – deren UL Fraktionsgemeinschaft sowieso etwas Gesprächsbedarf haben dürfe, ein möglicherweise neue Kraft, Links von der SPD geben wird.

Übrigens: Martin Horn inszeniert sich weiter. Und arbeitet auch sehr intenstiv an seinem Narrativ.

Weiterlesen:

Eine sehr gute Analyse findet sich bei Netzwerk Südbaden.

Ein Gedanke zu „Warum wurde Dieter Salomon nicht wiedergewählt? Welche Lehren sollte man daraus ziehen?“

  1. In der Liste fehlt noch der Verweis auf den Kandidatomat. Dass er den ausgebremst hat, war ein fataler Fehler, denn der Kandidatomat wäre ja genau das Instrument gewesen, um die jungen und netzaffinen Wähler zu erreichen, die nicht die BZ lesen – und zwar inhaltlich! Außerdem hat seine Verweigerung aus deren Sicht perfekt in das Bild gepasst, dass Salomon sich dem Wahlkampf verweigert. Dabei hätte er doch inhaltlich mit seinen grünen Positionen punkten können.

    Die BZ könnte man auch ansprechen. Wer keine Zeitung abonniert hat und sich für die Wahl informieren möchte, liest ja trotzdem online oder über den „Sonntag“ deren Inhalte. Salomon hat die Redaktion jedoch mit ihrer offensichtlichen hofierenden Berichterstattung (wird vom Gelegenheitsleser dann zumindest unterbewusst auch dem Kandidaten selbst angekreidet) einen Bährendienst erwiesen. Beispiel: Beim Kandidatentalk durfte Salomon frei eine Stunde lang nette Geschichten erzählen. Horn dagegen wurde mit vielen inhaltlichen Fragen „hart angegangen“, hat dann aber überraschend gut pariert.

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