Am Mittwoch Abend war ich bei den Gegnern des Stadtteils Dietenbach. Das sind die Leute, die unter anderem der Meinung sind, die Bürger*innen sollten über so eine wichtige Frage abstimmen, aber gleichzeitig ihre Frage so verwirrend gestellt haben, das man vielen Bürger*innen am Wahlkampfstand erstmal erklären muß, das Ja dagegen ist und Nein dafür. Übrigens haben die Gegner abgelehnt, diese Frage einfacher zu stellen.
Inzwischen kenne ich es von Freiburger Politveranstaltungen, das entweder Frauen mit dickem Bauch oder Männer und Frauen mit irgendwelchen Kinderwägen, exotischen Kindertragekonstruktionen oder sonstigen Kinderbetreuungsutensilien anwesend sind. Nicht an diesem Abend. Ein Silbersee grauer Haare, niemand der aussah wie ein Student oder aus einer politischen Jugendorganisation.
Die Dietenbachgegegner sind arrivertes „Altes Freiburg“ und halten sich für „die Opposition“
Bezeichnend war der jemand der als ehemalige Bürgermeister Harald Klein, aus einer schwäbischen Kleinstadt, vorgestellt wurde. Er sei vor acht Jahren hergezogen.
Sprechrollen kam an dem Abend am Anfang einer Frau zu, sonst nur Männer, auf dem Podium am Schluß waren dann auch nur Männer.
Die Gegner bestehen im Grunde aus drei Gruppen.
- Baueren, die um ihre Existenz fürchten
- unreflektierten Ökologisten, die sich gerne eine Grüne Partei der frühen 80er Jahre zurück wünschen.
- dem saturierten Anti-Veränderungs-Publikum von Freiburg Lebenswert. Das früher mal Links war, Schnittmenge mit 2.
Mein größtes Verständnis hat und die plausibelsten Argumente lieferten aus meiner Sicht Martin Linser (Platz 21 CDU Liste, Korrektur 21.1.19 ich hatte den Namen falsch gehört), selbst Landwirt. Wenn Dietenbach als Fläche wegfallen würde, dann hätten er und andere weniger Flächen und das sei für sie eine Gefahr für den Betrieb. Auch werde die regionale Versorgung mit Obst und Gemüse schwieriger. Allerdings mußte er auch einräumen, dass in Dietenbach eher Mais und andere Getreide als Sonderkulturen wie Gemüse angebaut werden. Mal abgesehen davon, dass man die regionale Versorgung wahrsscheinlich einfach durch bessere regionale Vermarktung und Angebote steigern könnte – oder weniger regionales Fleisch essen, das ja auch mit etwas befütert werden muß (wahrscheinlich mit Soja aus Brasilien).
Dann waren da noch die unreflektierten Ökologisten. Diese treten mit einer ans Sektierertum grenzenden Selbstsicherheit auf. Ihre Argumentationslinie geht ungefähr so: „Wenn Dietenbach gebaut wird, ist das unkölogisch weil es Resourcen braucht und einen Lebensraum für Tiere und Grün versiegelt.“ Dass die Alternative zu Dietenbach nicht sein wird nicht zu Bauen, sondern Bauen im Umland mit größerem Flächenverbrauch, ohne 50% Regelung und mehr Pendlerströme, blenden sie aus.
Dagegen kann man dann ins Feld führen, das man ja viele Flächen durch Aufstocken und Nutzung von Brachen aktivieren könnten. Leider mußte auch Herr Löser mußte einräumen, dass sein Vorschlag eines Aufstocken bestehender Häuser nicht so einfach ist. Siehe Oben.
Auch sonst fand ich andere Vorschläge nicht so überzeugend:
Die dritte Gruppe ist dann das saturierten Anti-Veränderungs-Publikum von Freiburg Lebenswert. Das am Abend durch Wolf-Dieter Winkler sprach. Verkürzend kann man seine Argumentation so zusammenfassen: Wachstum, wie bei Dietenbach, führt zur Klimakatastrophe und dann kommen noch mehr Flüchtlinge zu uns, bzw. Freiburg darf nicht weiter wachsen, wo doch jetzt die Stadt schon zu voll ist. Man schaue nur mal morgens auf die vielen Staus oder in die vollen Straßenbahnen.
Quasi: „Das Boot ist voll“ Kommunalpolitisch. Wenig glaubhaft ist das, wenn Leute das vertreten und im Satz vorher sagen wann sie hergezogen sind.
Argumentation ist wiedersprüchlich
Und da stehen beide Argumentationslinien im Wiederspruch: Entweder ist Freiburg zu voll und verträgt keine weiteren Einwohner (Wolf-Dieter Winkler), dann darf man auch nicht im Bestand wachsen, „virtueller Stadtteil“ durch Aufstocken, Nachverdichtung, Umnutzung, Zusammenziehen, … . Oder Freiburg kann wachsen und soll das im Bestand tun (Hans-Georg Löser).
Die „Stadt ist voll“ Argumentation ist anschlußfähig in Richtung rechter Gruppen. Jetzt ist Freiburg Lebenswert auch in dieser Richtung offen und in meiner Meinung eine rechtspopulistisch agierende Gruppe. Von daher wundert mich das nicht.
Im Grunde besteht die agierende Gruppe aus dem Freiburger Anti-Establishment-Establishment, also Leute die arriviert und gut wohnversorgt sind, mit eher mittleren bis hohem Sozioökonomischen Status und die sich jetzt gegen jüngere Neuankömmlinge wehren.