Leserbrief zu Interview mit dem 5 G-Kritiker Hans-Wolfgang Brassel

Als Antwort auf das Interview mit Hans-Wolfgang Brassel habe ich den folgenden Leserbrief formuliert.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Eine mangelnde Handynetzabdeckung führt zu geringeren Überlebenschancen von Menschen, die plötzlich schwer erkranken oder sich verletzen, sind, weil Ersthelfer zunächst Zeit aufwenden müssen, um in einem Bereich zu gelangen, von dem aus sie Hilfe rufen können. So konnte 2019 eine Feuerwehrfrau in Brandenburg nach einem Verkehrsunfall keine Rettung alarmieren, da sie zunächst keinen Handyempfang hatte.
Auch bei uns im Schwarzwald gibt es zahlreiche Funklöcher.

 

Herr Brassel irrt, wenn er sagt, dass es einen Zusammenhang zwischen Leukämie und Handystrahlung gäbe. Der Anstieg von Leukämie in den 2000er Jahren bei Kindern, der inzwischen im Übrigen aufgehört hat, geht zurück auf bessere Meldetätigkeit beim Krebsregister, bessere Diagnostik und Änderungen in der Methodik der Krebsklassifikation. Ja sogar bei Erwachsenen werden mehr Krebsfälle gezählt. Doch auch diese haben nichts mit Handystrahlung zu tun, sondern schlicht weil Menschen länger leben, eine Krebserkrankung, früher entdeckt wird, sie diese eher überleben und deshalb häufiger nochmals an einer neuen Krebserkrankung leiden. Ist doch die Zunahme vorallem in der „Handyintensivnutzer“-Gruppe der über 70 Jährigen zu verzeichnen.

Die größte Strahlenbelastung entsteht übrigens durch das eigene Mobiltelefon, nicht durch den Masten im Ort. Bester Rat ist also das Nutzen einer Freisprechanlage beim Telefonieren und das Handy im Rucksack zu haben, statt es sich etwa in den BH oder die Arschtasche zu stecken.

Für die derzeit in Europa ausgerollten 5G-Netze – die Telekom hat bereits 40% der Bevölkerung abgedeckt; in der Schweiz ist bereits das ganze Land abgedeckt – werden Frequenzen genutzt, die unter dem des 5 Gigahertz-WLAN-Bandes liegen und erforscht sind. Übrigens werden die Konsequenzen elektromagnetischer Wellen seit es sie gibt erforscht, verstärkt seit es Handys gibt. Höhere Frequenzen, die diskutiert werden, etwa im 60 Ghz Bereich, werden in Deutschland bisher nicht vergeben. Sie sind auch für die Netzbetreiber uninteressant, denn je höher die Frequenz, desto weniger weit reicht sie und desto mehr Basisstationen brauche ich, was aber auch die Kosten erhöht. Übrigens stellt selbst die Anti-Mobilfunk-Initative „diagnose funk“ ein „Kleinzellennetz“, also ein Netz mit vielen kleinen Basisstationen, die wenig stark senden, als vorbildlich vor, in ihren Vorträgen.

Übrigens ist 5G im Vergleich zu LTE deutlich energiesparender und bei gleichem Datendurchsatz weniger strahlungsintensiv. Für Smart Home und Smart City braucht man auch erstmal kein 5G, entsprechende Anwendungen kann man zuhause etwa über WLAN oder die niedrigenergie Varianten von Bluetooth und DECT realisieren oder als Gemeinde, wie in Bühl und Freiburg selbst ein Lora Netz aufbauen.

Es gibt keinen empirischen Nachweis, das es besonders elektrosensible Menschen gibt, auch die Radiästhesie beruht auf paranormalen Strahlenfühligkeit, die man empirisch nicht nachweisen kann. Was man aber gut nachweisen kann, ist das wenn Menschen glauben es sei schädlich und mache sie krank, sie dann auch davon krank werden.

In Deutschland sehen wir uns wegen der verschlafenen Digitalisierung mit vielen Problemen konfrontiert: Schüler*innen haben, durch Kultusministerin Eisenmann an die Wand gefahrener Bildungscloudprojekte, keine guten Fernlernmöglichkeiten, wie wir sie gerade während der Pandemie bräuchten. Gesundheitsämter müssen in der Coronakrise an Labore und Ärzte Faxe schicken und Fahrplandaten werden in vielen Teilen Deutschland nicht live und digital zur Verfügung gestellt. Ursache sind auch die Bedenkenträger in Verwaltung und Bevölkerung, die jahrelang eine differenzierte Diskussionen mit Schlagworten und Ängsten unterdrückt haben.

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