Brief an die Geschäftsführende Direktorin Friedensinstitut Freiburg

In einem Interview in der Badischen Zeitung hat die Geschäftsführerin des Friedensinstuts Freiburgs an der Evangelischen Hochschule, einige aus meiner Sicht seltsame Thesen, zum Ausdruck gebracht. Ich habe ihr eine Email geschrieben, aber bisher noch keine Antwort erhalten. Dafür gibt es auch schon Kritik in Leserbriefen.

„Genau wie die Sanktionen bisher keine Wirkung auf die Aggression gezeigt haben, meint sie aber, dass das Angebot ihrer Rücknahme zu einem Besinnen von Wladimir Putin führen soll?“

Leserbrief bezüglich des Interviews

Ich hoffe ich bekomme Antwort. Im Interview sagt, sie sie hat auch das Manifest von Schwarzer unterzeichnet.


Sehr geehrte Frau Hinrichs,

mit einiger Verwunderung lese ich Ihr Interview und auch die Tatsache, dass sie das Manifest von Sarah Wagenknecht und Alice Schwarzer unterzeichnet haben.

Am 24. Februar 2022 sind Truppen der russischen Föderation ohne Anlass und Provokation in die Ukraine einmarschiert und versuchen seither das Staatsgebiet der Ukraine dem Territorium Russlands einzuverleiben. Im letzten Jahr haben diese russischen Truppen (nach ukrainischen Angaben) dabei mehr als 65.000 Kriegsverbrechen begangen und sind wohl für den Tod von insgesamt mehr als 100.000 ukrainischen Zivilisten und Angehörigen des Militärs verantwortlich.

Im Manifest werden diese Handlungen sprachlich nur im Passiv besprochen und auch vermieden die Täter zu nennen. Gerade bei Sarah Wagenknecht die seit Jahren über jede Problematik russischer imperialistischer Politik hinweg geht wundert das nicht, es wundert mich aber, dass sie als Leiterin einer Forschungseinrichtung derartig undifferenziert mit diesem Thema umgehen.

Zum anderen ist dieses Manifest auch durch seien mangelnde Abgrenzung bzw. durch die Einladung von rechtsextremisten auf die Kundgebung dazu hoch problematisch. Gerade sie als Vertreterin der Kirche Bonhoeffers sollten sich fragen, warum sie mit diesen auf einer Seite stehen und ob nicht das Eintreten von Rechtsextremisten und der AfD für diese Ziele, diese irgendwie verdächtig macht.

Ihre Argumentation im Interview ersscheint mir auch widersprüchlich. Sie werden gefragt:
„BZ: Die Ukraine würde aufhören zu existieren, wenn sie den Kampf einstellt.
Hinrichs: Das würde die Weltgemeinschaft niemals zulassen.”

Nun ist es ja so, dass die Weltgemeinschaft es ja bereits zugelassen hat, dass schwächere Staaten in der Periherie Russlands zerstört werden (wie Tschetschenien) oder deren Souveränität nur auf dem Papier besteht (Armenien).

Und die Weltgemeinschaft hat auch im Falle der Anexion der Krim und dann von Teilen der Ostukraine im Grunde nichts getan. Wesentliche Sanktionen – auch aufgrund des Drucks der deutschen Wirtschaft und insbesondere des fossil-industriellen Komplexes – wurden erst nachdem westliche Bürger und Eigentum betroffen waren, also als MH17 mit von Russland gelieferten Waffen und wahrscheinlich sogar mithilfe regulärer russischer Soldaten, abgeschossen wurde, verhängt.

Mich erinnert ihre Einstellung eher an eine Person, die Russland und Putin als einen vortestamentarischen Gott begreift, den die ungehörigen Ukrainer erzürnt haben und den man nun wieder besänftigen kann, weniger als eine rationale Abwägung, die auch das Bedürfniss von „alle Seiten sich sicher fühlen” einbezieht. In diesem Sinne dürfte insbesondere auch das Sicherheitsbedürfniss der Ukrainer eine wesentliche Rolle spielen.

Diese Sicherheitsbedürfnisse die lange geäußert wurden, inklusive dem Wunsch nach Beitritt in die NATO, die aber vom Westen ignoriert wurden.

Viele meiner Bekannten und Freunde aus dem Baltikum sind heute froh, dass ihre Heimatländer Mitglied der Nato sind und unter ihrem Schutz stehen. Sie sagen mir, man könne ja in der Ukraine besichtigen, was es bedeutet, nicht in der Nato zu sein. Tatsächlich hat diese ja auch Russland umfangreiche Partnerschaften, inklusive der Nato-Russland-Akte, angeboten.

Nur die massive Rüstung dieser Länder – übrigens auch die Finnlands – und damit die glaubhafte auch konventionelle Abschreckung gegenüber Russland hat hier einen Konflikt in den letzten Jahrzehnten verhindert.

Sicherlich wäre ein Weng mit Abrüstung, Vertrauensbildung und Rüstungskontrolle dem Allen vorzuziehen, er würde Ressourcen frei machen für privaten Konsum, Klimaschutz und sozialer Sicherheit (besonders auch in Russland), aber nach dem Zusammenbruch der wesentlichen Rüstungskontrollregime in den letzten 10 Jahren – an denen auch die Regierung Trump, aber auch Russland nicht unschuldig waren – sehe ich da vorerst auch schwarzer. Besonders auch weil diese Vertrauen vorraussetzen, das nun nachhaltig zerstört wurde.

Die Selbstgefälligkeit mir der hier andere Länder vor den Putinschen Bus geworfen werden finde befremdlich, es spricht darin ein zutiefst koloniales Verständnis des Selbstbestimmungsrechts der Ukrainer.

Rein praktisch sollten wir alles tun, damit die Ukraine zumindest nicht verliert. Waffenlieferungen in homöapthischen Dosen nutzen nichts, aber Waffenlieferungen die dazu führen, dass das russiche Militärpotentiald derart geschwächt wird, dass sein Nachbarland zu verwüsten – übrigens wird die Gesamtheit des sinnlose Sterben und die Zerstörung von Russland auf dem Staatsgebiet der Ukraine angerichtet – unmöglich wird.

Solche Waffenlieferung sind sinnvoll und sie helfen den Konflikt zügig zu beenden.

Es gibt eben zahlreiche empirische Beweise, dass eben Waffenlieferungen und damit die Stärke des Angegriffenen zu einer Situation führen, in der erst sinnvolle Verhandlungen möglich sind. Ich gehe davon aus, dass ihnen entsprechende Literatur vorliegt.

Übrigens wäre ein Europa in dem es Russland gelingt die Ukraine zu unterwerfen ein gefährlicher Ort. Niemand kann davon ausgehen, dass dann der Durst nach Wiederherstellung des Sovietreichs gestillt ist, eher würde Russland nach Weissrussland greifen. Und sicherlich wären auch die baltischen Staaten gefährdert und Polen würde massiv aufrüsten, möglicherweise sogar bis kurz vor die Schwelle zum Bau eigener Atomwaffen (sog. Break-Out Kapazität).

Das würde uns einer Situation deutlich näher bringen in des zum Bündnisfall kommen könnte.

In diesem Sinne bitte ich Sie ihre Positionierung zu überdenken.

mit freundlichen Grüßen