Leserbrief zu „Erspart uns die Panikmache mit völlig irrelevanten Labortests!“ von Volker Amend

Der Leserbrief von Volker Amend enthält eine Reihe von Behauptungen, die bei näherer Recherche nicht standhalten:

Er behauptet, der Corona PCR Test sei nicht validiert und nicht standardisiert. Richtig ist aber, dass der Corona Test schnell nach vorliegen der entsprechenden Virus Proben standardisiert und validiert wurde. Und zwar vom Labor an der Charite zusammen mit der Universität Hongkong, der Universität Rotterdam, der nationalen Public-Health-Organisation in London. Ein entsprechender Journal Beitrag (Detection of 2019 novel coronavirus (2019-nCoV) by real-time RT-PCR.) erschien bereits am 22.1.2020. Dieser Test grenzt auch gegen andere (Corona) Viren ab und schlägt nur beim SARS-Cov-2 Virus an.

Weiter behautet er, die Fehlerquote läge bei bis zu 2 Prozent. Immer wieder haben unterschiedlichste Medien dargelegt, dass die Labore – nach Empfehlungen des RKI – die „Dual-Target“-Methode verwenden, daher bei positiven Test, wird im Labor nochmal die gleiche Probe überprüft. Damit kommt an auf eine Spezifität von 99,99 Prozent bzw. ein Fehler würde bei einem von 10.000 Tests auftreten. (siehe: https://correctiv.org/faktencheck/hintergrund/2020/09/09/pcr-test-auf-sars-cov-2-warum-in-der-praxis-falsch-positive-ergebnisse-selten-sind/).

Er behautet ebenso: „die Fehlerquote deckt sich mit Prozentzahl der positiven Corona Tests“. Auch diese Behauptung ist irreführend. In der Kalenderwoche 37 waren 0,86% der Tests positiv, in der KW 41 2,49 % und in der letzten Woche (KW 42) 3,62%. Die Anzahl der insgesamt durchgeführten Corona Tests stieg dabei nicht.

Infografik: Anteil positiver Corona-Tests steigt kontinuierlich | Statista
Quelle

Er fragt dann ganz zu Beginn ob für eine Pandemie die „Zahl der nachgewiesenen Erkrankten und Verstorbenen“ ausschlaggebend sei. Ich darf an die Recherche von Joshua Kocher und Bernhard Amelung vom 24.6. in dieser Zeitung verweisen, die anhand von Zahlen der Standesämter deutlich belegt, dass „im April 2020 in Südbaden 35 Prozent mehr Menschen gestorben als in den Vorjahren“. Obwohl es in Deutschland zu diesem Zeitpunkt insgesamt keine Übersterblichkeit gab, gab es sie im Corona Hotspot Südbaden!

Blickt man in andere Regionen der Welt, die weniger gut vorbereitet waren oder ein schlechteres Gesundheitssystem haben, so wird deutlich, dass mehr Menschen sterben und dass sie an Corona Sterben. z.b. beträgt die Übersterblichkeit für England zwischen dem 6.3. und 2.10.2020 56,537 Tote, davon 50,642 Totenscheine mit der Diagnose Covid 19.

Cumulative deaths in England, by definition
Quelle

Herr Amend kommt mit Verweis auf einen nicht peer revieweben Artikel, eher ein Meinungsbeitrag, in Krankenhaushygiene up2date 2020 (DOI: 10.1055/a-1174-6591) zum Schluß „das Tragen von Alltagsmasken ist kontraproduktiv“. Die Autorin und er stellen sich damit gegen nahezu alle Literatur und die Empfehlungen fast aller der Fachgesellschaften, wie z.b. Bundesärztekammer, Marburger Bund, Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie, Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und jeder Landesärztekammer. (siehe: https://www.bundesaerztekammer.de/presse/pressemitteilungen/news-detail/alltagsmasken-sinnvoll-zum-eigenschutz-und-zum-schutz-von-anderen/)

So schreibt die Deutsche Gesselschaft Pneumologie (also die Lungenärzte in doi: 10.1055/a-1175-8578): „Nicht medizinische Mund-Nasenmasken bieten einen nachgewiesenen Fremdschutz. Ein Selbstschutz ist nicht nachgewiesen, aber wahrscheinlich.“

Obwohl ich in der Corona Krise viele seltsame Behauptungen gesehen und gehört habe, bin ich entsetzt, das scheinbar ein Arzt einen solchen Leserbrief schreibt und die Badische Zeitung ihn ohne Faktencheck und Einordnung einfach so abdruckt. Der Brief gibt im Grunde genau die Argumentationen der Coronaleugner von Querdenker761 wieder. Er verharmlost eine gefährliche Erkrankung und untergräbt die notwendigen Schutzmaßnahmen.

Der Leserbrief erschien in einer stark gekürzten Form in der Badischen Zeitung: