Querdenker „Friedensdemo“ in Endingen

Auch in Endingen gab es eine „Friedensdemo“ der Querdenkerszene, organisiert von „Kaiserstühler Freiheit“, die sich als „Friedensinitiative Kaiserstühler Freiheit“ umbenannt hat.

Publikum und Handelnde waren auch dort nicht anders als die letzten zwei Jahre. Etwa 65 Teilnehmende aus Endingen und dem Kaiserstuhl, nahmen an der Veranstaltung der „Kaisterstühler Freiheit“ teil. Die Kundgebung fand vor dem Kriegerdenkmal im Herzen von Endingen statt. Aus meiner Sicht auch eine Art der Entehrung für einen Gedenkort – wie es so ein “Kriegerdenkmal” nun mal ist – sich davor zu stellen und 1,5 h Lügen über einen Krieg zu erzählen.

Umdeutung von Symbolen


Dort hielt der ehemalige Waldorflehrer J. Gerstheimer eine ca 1 1/2 Stunden dauernden Vortrag. Für eine detaillierte Widerlegung seiner Behauptungen fehlt mir hier die Zeit und ich habe auch keine detaillierten Aufzeichnungen. Allerdings ist mir besonders in Erinnerung die Wiederholung von zahlreichen russischen Propagandalügen, wie etwa von vermeintlichen Biowaffen Laboren in der Ukraine oder auch einem ukrainischen Atomprogramm.

Auch sonst bewegten sich die Ausführungen weit außerhalb von dem, was anerkannter Stand der politikwissenschaftlichen Forschung zum Ukraine Konflikt ist und gaben der NATO Osterweiterung die Schuld am Konflikt. Das ganze war sehr langatmig und auf verschwörungsideologischem Niveau, im Grunde eine Wiedergabe der Thesen von Daniele Ganser.

Schockierend war, das sich ganz normale Endinger diese Thesen unbedingt anhören wollten, darunter auch ein ehemaliger Leiter eines Gymnasiums und über den Gegenprotest empört waren. Wenn ich halt auf einer Demo putinistischer Propaganda lausche, dann muss ich auch damit umgehen können, das dem jemand widerspricht.

Die örtliche Polizei schien überfordert und war auch nur mit zwei Beamten anwesend, die erstmal lange telefonieren mussten. Gleichzeitig waren die Teilnehmer der Friedensdemo umso aggressiver.

In Endingen waren die Schilder der Kundgebung ganz subtil in blau – weiß – rot angeordnet. Das habe ich leider nicht fotographiert, aber diese Form der unterschwelligen Botschaft („Hundepfeifen-Politik“) wird von den Akteuren verstanden. In Endingen war auch das Who-is-Who der örltichen Querdenker Szene anwesend.

Die Querdenker Bewegung kapert Begriffe und Symboliken (Herzchen, Friedenstaube, Regenbogenfahne, „Nai hemmer g’sait“, …) schneller als man gucken kann. Selbst der Begriff „Querdenken“, stand ja mal für was anderes und nach „Freiheit“, „Demokratie“, „Spaziergang“, „Aufstehen“ ist nun „Frieden“, dran.

Das macht es aktuell gefährlich, wenn man nicht weiß was dahintersteht geht man hin, weil “man sich das mal anhören will”, findet das ganz schlüssig, prüft vielleicht auch nicht die Aussagen und ist emotional irgendwie dabei.

Querdenker, Rechte und Reichsbürger verbindet hier eine paranoide Abwehrhaltung gegen Staat und „Mainstream“. Russland konnte sich durch seine Propaganda als anschlussfähig darstellen, der gegenwärtige russische Staat dient als Projektionsfläche für alles was man ablehnt oder gut findet: Sozialdarwinistischer Umgang mit Schwachen und Kranken, ein patriarchalisches Familienbild, Fossil-Kapitalistische Ausbeutung der Erde, rassifizierte Dominanz gegenüber Nicht-Weißen und anderen Minderheiten, Unterdrückung von Homosexuellen, vermeintliche „Impffreiheit“.

Gleichzeitig betriebt man eine Täter-Opfe-Umkehr: Nicht Russland ist an dem von ihm begonnen Angriffskrieg Schuld sondern irgendwie die NATO oder die Ukraine. Das öffnet die Bühne für für die eigene moralische Selbstvergewisserung.

Die Badische Zeitung berichtet:

„Das Flugblatt war das gleiche wie das tags zuvor bei der Demo in Freiburg. Knapp zwei Stunden sprach Jakob Gerstheimer, in der Region bekannt als Stimme der Querdenker, über den Krieg, schilderte seine Sicht der Dinge – die die rund 20 Gegendemonstranten zu vehementem Protest veranlasste. (…) Mit „Geht an die Front, dann habt Ihr was zu tun“ oder „Lasst Euch impfen“ reagierten Teilnehmer der Kundgebung auf den Protest der Gegendemonstranten und auf die Frage, warum Putin nicht einfach seine Soldaten abziehen und so den Krieg beenden könne.“

Friedenstauben und hitzige Wortgefechte bei Kundgebung und Gegendemonstration in Endingen (Badische Zeitung, kein Paywall!)

Dem Kommentar von Matthias Knab, ist nichts hinzuzufügen:

Dazu gehören auch die fünften Kolumnisten aller politischen Richtungen, die sich aus ideologischen Gründen oder wegen des russischen Geldes auf die Seite eines Diktators stellen.
Eine fünfte Kolonne ist im englischen Sprachbegriff eine Gruppe von Personen, die eine größere Gruppe von innen heraus untergräbt, in der Regel zu Gunsten einer feindlichen Gruppe oder Nation. Die Aktivitäten einer fünften Kolonne können offen oder im Verborgenen erfolgen.
Ein zentrales Mittel der fünfte Kolonne ist massive Desinformation durch Pseudo-Medien und Webseiten, geschmierten Politikern (Sarah Wagenknecht), die von Verschwörungsanhängern willig geteilt (und geglaubt) werden. Zu sehen nun auch in Endingen a.K.

Kommentar von Matthias Knab, ebenda.
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