Zum Nachhören, ein Interview über das Thema bei RDL, indem ich in ca 9 Minuten versuche eine umfassende Einschätzung zu geben.
Die grünen Landtagsabgeordneten aus Freiburg Nadyne Saint-Cast und Daniela Evers haben in einer kleinen Anfrage an die Landesregierung Auskunft über die Aktivitäten der Corona Leugner Bewegung im Raum Freiburg erfragt. (LT-Drs. 17/1727)
Das Bündnis nimmt heute zu den Antworten der Landesregierung Stellung und betont:
- Hohe Dunkelziffer bei Straftaten – Auflistung ist unzureichend, da nur nach Straftaten gegen bestimmte Personengruppen gefragt wurde. Zu einer sinnvollen Betrachtung sei es aber notwendig nach allen Straftaten zu fragen. Auch dürfte es eine erhebliche Dunkelziffer geben, da aus Selbstschutz viele Betroffene nicht anzeigen.
- Immerwieder gab es am Rande der Demonstrationen Delikte mit rechtsextremen Hintergrund: volksverhetzende Symbole, Hitlergrüße.
- Blick auf die weitere Szene offenbart eine Reihe von Straftaten auch gegen Mitglieder des Bündnis, Bedrohung von Ärzten, Online-Shitstorms gegen unterschiedliche Institutionen
- Teils defizitäre Polizeiarbeit: Verhalten insbesondere von Beamten der Bereitsschaftspolizei bei Anzeigeerstattung war teils wenig hilfreich und abweisend. Auflagen wurden erst nach Gesprächen durchgesetzt, an mindestens drei Demonstrationen waren nicht ausreichend Polizeikräfte anwesend um der Lage Herr zu bleiben.

„im Zusammenhang mit einem Online-Shitstorm gegen eine Freiburger Unternehmerin geschrieben wurden und daraus weit über 50 Strafanzeigen wegen widerlichsten Beleidigungen, Volksverhetzungen und verbotenen Symbolen erstatten„
Bündnis FreiVAC Pressemitteilung
Auf die aufgeworfene Frage nach der politischen Ausrichtung der Bewegung antwortet die Landesregierung leider nicht, bemängelt das Bündnis FreiVAC.
Deshalb habe es selbst eine Einschätzung vorgenommen, die aus der Auswertung von Redebeiträgen auf Kundgebungen, Nachrichten in Telegramm Chats und Kanälen, sowie Plakaten auf Demonstrationen beruhe.
Ich schätze das so ein: Es ist eine rechtsoffene Bewegung, bei der jeder Versuch, sich nach weit rechts abzugrenzen, unterbunden wird. Rechtsextreme Personen betreuen in der Organisation wichtige Aufgaben. Aber die zahlenmäßig größte Gruppe in Freiburg bilden Menschen mit einem esoterisch-alternativen Weltbild. Dieses fast klassische Bürgerinitativenpublikum, was sich häufig erst durch Corona politisiert hat, lehnt staatliche Eingriffe wie Maskenpflicht ab. Sie bedienen sich einer linken Protestfolklore aber waren in der Vergangenheit bis auf Ausnahmen selten aktiv. Wenn, dann auch eher in prä-verschwörungsmythischen Gruppen, wie etwa Anti-5G-Bürgerinitiativen.

Demnach gäbe es in Südbaden zwei Hauptträger der Bewegung:
- einen esoterisch-ökologisch-romantische Strom, in der ein transzendenten Begriff von Krankheit und eine mystische oder übersinnliche Weltwahrnehmung vorherrschen. Damit wären etwa die zahlreichen Menschen aus dem Umfeld von Waldorfschulen zu beschreiben, aber auch andere (etwa Heilpraktiker).
- Die zweite Gruppe sind (weit) rechts(extrem) stehende Personen und Gruppen. Das beginnt bei latenten rassistischen Einstellungen, über latent populistisch und reaktionäre Einstellungen bis hin zu gefestigt rechtsextremen Ideologien. Ein Teil ist Mitglied der sog. “AfD” oder anderer rechten Gruppen oder deren Umfeld. Deren Hinwendung zu dieser Szene und Themen sei politisch-taktisch begründet.
Als verbindende Elemente fungierten Sozialdarwinismus, Verschwörungserzählungen, es ist auch ein mehr oder weniger verdeckter Antisemitismus und ein deutlicher Anti-Elitismus. Die Bewegung sei rechts-offen bzw. durchsetzt von Rechtsextremen, die auch wichtige organisatorische Funktionen wahr nähmen. Als verbindendes Feindbild habe man sich die Antifa aufgebaut, der alle Gegenaktionen zugeordnet würden.
Derzeit sei zu bemerken, dass der russische Angriffskrieg in die Ideologie eingebaut würde.