In einer gestern veröffentlichten Stellungnahme hat der CCC Freiburg sich zum Bürgerantrag der 5G Gegner geäußert.
Kurzfassung: Schon 2019 gab es dazu eine Bürgerversammlung, die Themen wurden diskutiert, seither gab es keinen neuen Argumente. Außer das vielleicht ein Teil der 5G Gegner inzwischen in die Querdenker Szene abgerutscht ist
„Wir empfehlen daher die diskussionslose Ablehnung der Vorschläge des Aktionsbündnis und umgehende Veraktung des Vorgangs.“
Stellungnahme des Bürgerantrag
Der gesamte Bürgerantrag:
Betreff: Stellungnahme zum Bürgerantrag
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Horn,
sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderats,
Wir nehmen hier zu den im Einwohnerantrag der Gruppierung “Aktionsbündnis Freiburg 5G-frei” Stellung.
Forderungen der Gruppierung “Aktionsbündnis Freiburg 5G-frei”
Die Forderungen des Bündnisses und deren Argumentation hat sich seit der Einwohnerversammlung im Jahre 2019 nicht verändert.
Sie beruhen auf einer Reihe wissenschaftlich nicht haltbarer Aussagen und der selektiven Rezeption einzelner – häufig widerlegter oder mangelhafter – Studien.
In diesem Zusammenhang sei auf die Blogartikel unseres Mitglieds Sebastian Müller verwiesen, der sich, angesichts der Diskussion, mit diesen Themen intensiv auseinandergesetzt hat:
- Zum sprachlichen Framing, methodisch fragwürdigen Studien und rhetorischen Tricks: https://sbamueller.com/2019/07/23/der-falsche-prophet/
- Zu besonders von Dr. Bergmann vorgetragenen Argumenten und nicht haltbaren Studien: https://sbamueller.com/2019/10/03/dr-blaubergmann-und-5g/
Deshalb sehen wir hier keine Veranlassung, auf diese nochmals einzugehen. Allenfalls wäre es hilfreich, wenn die Stadtverwaltung das Bundesamt für Strahlenschutz bittet, die im Schreiben (Anlage 1 zur DRUCKSACHE G-21/013) vom 21.10.2020 genannten Studien bzw. deren Ergebnisse, von denen eine Reihe inzwischen abgeschlossen sein sollten, zu referieren: https://ris.freiburg.de/pdf-viewer.php?src=aHR0cHM6Ly9yaXMuZnJlaWJ1cmcuZGUvZG9jdW1lbnRzLnBocD9kb2N1bWVudF90eXBlX2lkPTEzJnN1Ym1pc3Npb25fYXR0YWNobWVudF9pZD00NjMxMTEyMTAwMDMxJTdDMjAyMTAxMTIwODUzMjgtMC5wZGYlN0MmaWQ9NjkmanNvbj0xJnBsYXRmb3JtPXJpcw==&name=MS4gU2NocmVpYmVuIGRlcyBCdW5kZXNhbXRlcyBm/HIgU3RyYWhsZW5zY2h1dHo=
Allerdings ist davon auszugehen, dass bei einer für die Antragsteller ungünstigen Erkenntnislage, sprich Ungefährlichkeit von 5G, auch diese Studien mit den üblichen Argumenten (Wissenschaftler gekauft und weitere aus der PLURV Umgebung) diffamiert werden.
Auch in der Begründung des Antrags werden wieder zahlreiche nicht belegbare oder fragwürdige Annahmen verbreitet. So steht dort etwa: “5G ist verbunden mit einer starken Zunahme der Funkstrahlung, die neuerdings auch direkt über unseren Köpfen, z.B. aus Straßenlaternen, ausgesandt werden soll.” Oder auch: “Die Anzahl der Mobilfunkmasten sowie der Stromverbrauch pro Antenne werden sich so vervielfachen.”
Weder führt 5G per se zu einer Erhöhung des Energieverbrauchs – der Standard ist im Vergleich zu UMTS und auch LTE deutlich energiesparender – noch erhöht sich die Anzahl der Mobilfunkmasten. Strukturell unterscheiden sich die im 5G Standard verwendeten Funksignale nicht von denen, die in 4G/LTE verwendet werden.
Auch für die “Schaffung ständiger und umfassender Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten bis in jede Wohnung” sind die bisher existierenden Technologien vollumfänglich ausreichend.
Die Einführung von 5G führt nicht zu mehr Überwachungsmöglichkeiten als sie bereits jetzt existieren. Unabhängig davon betonen der CCC Freiburg und auch andere Organisationen immer wieder die datenschutzfreundliche Gestaltung von öffentlichen Angeboten und Dienstleistungen. Beispielhaft sei hier etwa auf die datengierige Verkaufsmaske des Eugen-Keidel-Bads hingewiesen.
Empfehlung zur Minimierung der Strahlenbelastung der Bevölkerung
Die stärkste Strahlenbelastung geht üblicherweise von nah am Körper genutzten Mobiltelefonen aus: Egal ob während der Nutzung am Ohr, in der Hand oder beim reinen Tragen in der Hosentasche. Hier gilt der Grundsatz: Verdoppeln Sie den Abstand, so verringert sich die Strahlung auf ein Viertel. Deshalb sollten Sie auf einen möglichst großen Abstand zwischen Kopf und Smartphone achten. Zur Minimierung rät deshalb das Bundesamt für Strahlenschutz zur Verwendung eines kabelgebundenen Headsets oder der Nutzung einer Freisprecheinrichtung beim Telefonieren.
Die von den Basisstationen des Mobilfunkbetreibers ausgehende Belastung mit Elektromagnetischen Wellen ist daher aufgrund der großen Entfernung zu diesen vergleichsweise gering.
Gerade die von den Antragstellern beabsichtigte Reduktion der Sendeanlagen würde zu einer Erhöhung der Strahlenbelastung führen. Mobiltelefone reduzieren automatisch ihre Sendeleistung wenn diese nicht benötigt wird um die nahegelegene Basisstation zu erreichen, aber auch um die Batterie zu schonen und so eine längere Laufzeit zu ermöglichen. Reduziert man nun die Anzahl der Masten, müssen die Antennen an diesen mit höherer Leistung senden und auch die Mobiltelefone ihre Abstrahlungsleistung erhöhen.
Das Verbot der Nutzung von städtischen Gebäuden, Grundstücken und Dächern würde dazu führen, dass die Netzabdeckung schlechter wird, wodurch gerade in Innenräumen Mobiltelefone stärker strahlen, um die Basisstationen zu erreichen.
Darüber hinaus würden sich die Bereiche ohne Netzabdeckung vergrößern. Das führt dazu, dass in bestimmten Bereichen keine Notrufe mehr abgegeben werden können, was die rechtzeitige Hilfeleistung durch Polizei und Rettungsdienste erschwert.
Aus diesem Grunde empfehlen wir diese Forderung abzulehnen und proaktiv städtische Flächen, Grundstücke und Gebäude zur Verfügung zu stellen, um eine ausreichende Abdeckung zu gewährleisten. In Bereichen, wo dies auch dadurch nicht gewährleistet werden kann, sollte die Stadt alle Möglichkeiten nutzen, um die Abdeckung zu verbessern.
Im Weiteren sei darauf verwiesen, dass der 5G Ausbau in Freiburg weitgehend abgeschlossen ist.
Verbindungen zur Querdenker Szene
Menschen, die vor 5G Angst haben, finden sich inzwischen zu einem sehr großen Teil in anderen Verschwörungsfeldern wieder. Sie sind besonders empfänglich dafür und wer an eine Verschwörung glaubt, glaubt in Folge auch anderen. Die Entkopplung von den etablierten Medien tut ihr übriges.
Zur Einordnung des “Aktionsbündnis Freiburg 5G-frei”: Eine Reihe von Aktivisten des Aktionsbündnisses sind inzwischen der Querdenken-Bewegung bzw. Szene in Freiburg zuzuordnen.
Zur Vertrauensperson Dr. Wolf Bergmann: Dr. Bergmann ist Teil der Freiburger Querdenken-Szene, er nahm in der Vergangenheit an Demonstrationen gegen Impfungen teil (https://sbamueller.com/2021/09/23/demonstration-der-coronaleugner-vor-der-angell-schule-neue-stufe-der-eskalation/) und sprach sich in einem “Papier” gegen Impfungen gegen SARS Cov-2 aus.
(https://sbamueller.com/2021/02/28/dr-blaubaers-impfstoff-maerchenstunde/)
Daneben lassen seine Einlassungen vermuten, dass er von grundlegenden medizinischen Diagnosemethoden, wie dem Funktionieren eines PCR Tests, der zur Diagnose einer Vielzahl von Krankheiten seit vielen Jahren genutzt wird, keine Ahnung hat.
Die Vertrauensperson Beate Limberger betreibt in Ühlingen-Birkendorf eine Einrichtung in der sie unter anderem “Quantenheilen” anbietet, eine pseudomedizinische Behandlungsmethode für die sie pro Stunde einen “energetischen Ausgleich” von 70 Euro verlangt. Sie bietet auch Behandlung “aus der Ferne” an, bei “Ich durfte gute Erfahrungen bei Krebsleiden bzw. Schlaganfall sammeln”. Die Vergütung der Fernbehandlung erfolgt derzeit nach Minuten, 1 Euro pro Minute.” (Zitat von der Website).
Unsere Empfehlung
Wir empfehlen daher die diskussionslose Ablehnung der Vorschläge des Aktionsbündnis und umgehende Veraktung des Vorgangs.
Dadurch wird Zeit und Kapazitäten frei, sich um die wirklichen Herausforderungen der Digitalisierung in Freiburg zu kümmern. Dazu gehören unter anderem aus unserer Sicht:
- das zugänglich machen von kostengünstigen, flächendeckenden und schnellen Internetanschlüssen insbesondere mit Glasfaser, gerade auch in Haushalten mit geringem Einkommen.
- Ein diskriminierungsfreier Zugang zu öffentlichem WLAN an öffentlichen Plätzen ohne Anmeldung und Tracking der Nutzenden.
- Zu prüfen ob der Aufbau eigener Campus 5G Netze für städtische und bürgerschaftliche Anwendungen sinnvoll ist.
- Das zugänglich machen der für eine gewinnbringende Nutzung notwendigen digitalen Kulturtechniken, gerade für die ältere Generation. Insbesondere Medienkompetenz und der Umgang mit Fake News bzw. verschwörungsideologischen und geframten Halbwahrheiten.
- Die Unterstützung von Gruppen, die gebrauchte Hardware für Personen mit geringem Einkommen verfügbar machen.
- Die Nutzung von freier Software und offener Hardware in der öffentlichen Verwaltung, aber auch städtischen Gesellschaften wie der VAG um Vendor Lock-In zu vermeiden.
- Die Stärkung von zivilgesellschaftlichen Gruppen und Initiativen, die gegen Verschwörungsideologien und PLURV kämpfen.
An Stellen wo diese Aufklärungsarbeit, Vermittlung von Kulturtechniken und Aufarbeitung von Hardware bisher geleistet wird, sollte dies durch eine angemessene städtische Förderung strukturell unterstützt werden.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung und verbleiben mit freundlichen Grüßen
Weitere Informationen zum Thema:
- Bericht der BZ zum Bürgerantrag: https://www.badische-zeitung.de/5g-gegner-wollen-freiburgs-stadtraete-zu-5g-tagen-lassen
- Bürgerantrag (Website der 5G Gegner) https://freiburg.5g-frei.org/wp-content/uploads/Freiburg-5G-frei-FF_Einwohner-Antrag-27-11-2020_29-11-2020.pdf
- Einordnung der Initiative auf meinem Blog: https://sbamueller.com/2019/07/23/der-falsche-prophet/